Auflösung und Erklärung zum Dresden-Tatort „Totes Herz“

Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur finalen Wendung im Dresdner Tatort Totes Herz, der am 8. Januar 2023 ausgestrahlt wurde.


Bild: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

Im Tatort Totes Herz vom 8. Januar 2023 suchen die Dresdner Oberkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) gemeinsam mit ihrem Vorgesetzten Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) den Mörder einer Gärtnereichefin. Außerdem kommen in diesem Krimi noch drei weitere Personen ums Leben, die auf das Konto derselben Täterin gehen.

Erst auf der Zielgeraden des Films zeigt sich: In diesem Tatort ist nichts, wie es scheint. Wir erläutern die komplexe Auflösung im Detail. Also: Vorsicht, Spoileralarm!

1. Der Mord an Dr. Stirn

Beginnen wir mit dem einfachsten Mord: Der Arzt Dr. Erwin Stirn (Lutz Blochberger) erhält in seinem Garten Besuch von Sonja Heuer (Kristin Suckow), die ihn zunächst mit einem Elektroschocker außer Gefecht setzt und anschließend an einen Stuhl fesselt. Kurz darauf ist der Mann tot: Nachdem ein Schrei ertönt, Heuer das Haus verlassen hat und dabei von einer rauchenden Nachbarin beobachtet wird, zeigt die Kamera den erschlagenen Dr. Stirn. Die Kripo untersucht bereits den Tatort.
Als Täterin kommt nur Heuer infrage, und ihr Motiv liegt auf der Hand: Dr. Stirn hatte bei der Geburt von Nadine Teichmann und ihrer Zwillingsschwester Sonja angegeben, dass Sonja dabei verstorben sei. In Wahrheit hatte das Baby aber überlebt – und Stirn ließ es gegen gute Entlohnung einem kinderlosen Ehepaar zukommen. Die ahnungslose, nach der Geburt völlig aufgewühlte Mutter Heike Teichmann (Tanja de Wendt) ließ er eine Einwilligungserklärung unterschreiben, die die Freigabe ihres vermeintlich toten Kindes zur Adoption bestätigte.
Sonja Heuer (bzw. Teichmann) wuchs in den Jahren danach also ohne Kenntnis ihrer wahren Identität auf – und rutschte nicht nur in die Kriminalität, sondern auch in die Wohnsitzlosigkeit ab.

Hat nicht mehr lange zu leben: Dr. Erwin Stirn (Lutz Blochberger).
Bild: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

2. Der Mord an Juri Novak

Lange Zeit sieht es im Tatort Totes Herz so aus, als habe der kognitiv eingeschränkte Juri Novak (Alexander Schuster) einen Menschen auf dem Gewissen – nämlich seine Chefin, die Gärtnereibesitzerin Heike Teichmann, deren Blut an ihm haftet. Der junge Mann, der sich geistig auf dem Niveau eines Fünfjährigen befindet, wird nicht nur am Tatort gesehen, auf der Tatwaffe sind auch seine Fingerabdrücke.
Später stellt sich heraus, dass Novak unschuldig und aus Angst untergetaucht ist, weil er die wahre Täterin beobachtet hat – sein Leben rettet ihm das aber nicht. Kurz nachdem er Gorniak am Elbufer entkommen ist, wird er nachts von einem Auto überfahren und erfriert, weil ihn die Verursacherin am Unfallort liegenlässt. Auch diese Tat geht aufs Konto von Sonja Heuer: Sie nutzt dafür den Wagen ihrer Adoptivmutter Petra Heuer, die kurz zuvor in einem Hospiz verstorben war. Kurz vor der Tat ist die Mörderin im Innenspiegel des Autos gut zu erkennen.
Auf der Flucht: Juri Novak (Alexander Schuster).
Bild: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

3. Der Totschlag an Heike Teichmann

Auch Gärtnereibesitzerin Heike Teichmann, die zu Beginn der 1221. Tatort-Folge erschlagen aufgefunden wird und die Kripo überhaupt erst auf den Plan ruft, wurde von Sonja Heuer getötet: Die Tat geschah im Affekt und mit einem Hammer, der in der Gärtnerei herumlag.
Die Ermordete, die Sonja Heuer bereits auf der berühmten Brücke „Blaues Wunder“ getroffen hatte, hatte bei der erneuten Begegnung in der Gärtnerei erkannt, dass Sonja die Identität ihrer Zwillingsschwester Nadine Teichmann angenommen und sich auch in deren Familie eingeschlichen hatte. Deutlich wird dies bei einem ausführlichen Rückblick, den wir im nächsten Abschnitt erläutern und in dem auch weitere Fragen beantwortet werden.
Rechtsmediziner Dr. Himpe (Ron Helbig) mit der ermordeten Gärtnerin.
Bild: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

4. Der Mord an Nadine Teichmann

… geschah rein chronologisch als allererster, wird in Totes Herz aber erst kurz vor Schluss aufgelöst. Bis zu diesem späten Zeitpunkt ist nämlich gar nicht klar, dass Nadine Teichmann längst nicht mehr lebt. Ein ausführlicher Rückblick in den Schlussminuten des Krimis gibt aber Aufschluss darüber, wie Sonja Heuer den Mord – praktisch schon vor Beginn des Films – verübt und die Tat anschließend vertuscht hat. Während sie selbst, von einem Scharfschützen getroffen, auf den Grund der Elbe sinkt, werden Bilder ihrer Taten eingeblendet.
Zunächst sehen wir, dass Sonja die heile Familienwelt ihrer Zwillingsschwester Nadine beobachtet hat und offenbar eifersüchtig wurde: Nadine umarmt ihre Mutter Heike und tobt anschließend mit ihrem Ehemann Patrick (Nico Rogner) und ihrer Tochter Anna (Amelie Zappe) durchs Wohnzimmer. Dann schleicht sich Sonja heimlich ins Haus der Teichmanns und durchstöberte den Kleiderschrank. Hier reift bereits der Plan, Nadine zu töten und ihren Platz in der Familie einzunehmen.
Ihrer verblüfften, weil bis dato ahnungslosen Zwillingsschwester Nadine lauert Sonja dann am Elbufer auf: Sie setzt ihre Schwester, die dort mit dem (später von Sonja vergifteten) Hund spazieren geht, mit einem Elektroschocker außer Gefecht und drückt ihren Kopf anschließend solange unter Wasser, bis Nadine stirbt. Anschließend vergräbt sie die Leiche notdürftig am Ufer und platziert ein Ruderboot über der Stelle. Dieses Boot wird bereits in der Auftaktminute des Films zweimal gezeigt, der Hund scheint darunter etwas zu wittern.
Nun tritt Sonja anstelle von Nadine in deren bisheriges Leben: Sie schneidet sich vor dem Spiegel die Haare kürzer und entfernt ein verräterisches Nasenpiercing, das sie optisch eindeutig von ihrer eineiigen Zwillingsschwester unterscheidet. Die Rückblende endet damit, dass Sonja ihre leibliche Mutter in der Gärtnerei erschlägt und dabei von Juri Novak beobachtet wird. Der überforderte junge Mann fasst die Tatwaffe an und lässt sich von Sonja sogar Blut der Toten ins Gesicht schmieren.
 
Um endgültig den Platz ihrer Schwester Nadine einzunehmen und sich von jedem Verdacht reinzuwaschen, inszeniert Sonja außerdem ihren eigenen Selbstmord: Zunächst ruft sie die zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslose Gorniak im Namen von Nadine an und behauptet, Sonja habe ihr grad telefonisch ihren Suizid angekündigt. Dann gräbt sie die Leiche von Nadine aus, zieht ihr die gelbe Mütze und den roten Schal an, in dem sie (Sonja) schon mehrfach beobachtet wurde, und wirft Nadines Leichnam in die Elbe. Dann lässt sich Sonja von einer Überwachungskamera dabei filmen, wie sie in eben jenem Outfit – gelbe Mütze, roter Schal – von der Dresdner Marienbrücke ins kalte Wasser springt. Zum Verhängnis wird ihr der hervorblitzende Neopren-Anzug, den sie unter dem markanten Outfit zu verbergen versucht.
Am Morgen nach der Nacht der Videoaufzeichnung wird Nadines Leiche gefunden, die Sonja zuvor wieder ausgegraben und ins Wasser geworfen hatte. Durch die eisigen Temperaturen kann Rechtsmediziner Dr. Himpe (Ron Helbig) den genauen Todeszeitpunkt zunächst nicht feststellen – ansonsten wäre die Täuschung natürlich sofort aufgefallen. Verräterische Hämatome an den Armen und im Nacken deuten aber bereits auf die nachträgliche Inszenierung des Selbstmords hin. Eindeutig identifiziert wird der Leichnam schließlich anhand einer Schlüsselbeinfraktur-Narbe.
Sonja Heuer alias Nadine Teichmann (Kristin Suckow).
Bild: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

5. Der Tod von Sonja Heuer

Last but not least sei der Vollständigkeit halber auch der (sehr wahrscheinliche) Tod von Sonja Heuer erwähnt: Die Vierfachtäterin wird beim Showdown auf einem Boot von einem Scharfschützen getroffen und stürzt ins Wasser. Ob die Mörderin den Krimi überlebt, bleibt letztlich offen – es ist aber wenig wahrscheinlich. Während sie im Wasser gen Boden sinkt, sind ihre Augen noch geöffnet, am Grund des Flusses sind ihre Augen dann geschlossen. Ihr Körper bleibt dabei reglos.