Auflösung und Erklärung zum Tatort „Dreams“

1. Was ist auf dem Dach des Gasteigs passiert?

Lange Zeit sieht es im 1177. Tatort so aus, als habe Marina Eeden ihre Freundin und Rivalin für die Position der ersten Geige im Orchester tatsächlich mit einer Glasscherbe erstochen. Schließlich kommt ihre einleitende Erklärung im Präsidium einem Geständnis gleich und auch die Blutspuren auf dem Dach des Kulturzentrums Gasteig können der verschwundenen Lucy Castaneda zugeordnet werden. Außerdem wird das Publikum regelmäßig Zeuge dessen, wie Marina von der Tat und von anderen Dingen träumt, die eigentlich gar nicht passiert sind – eine geschickte Irreführung durch die Filmemacher.

Auf der Zielgeraden des Krimis klärt sich schließlich, dass Marina keine Mörderin ist: Als luzide Träumerin kam ihr der Mord, über den sie Lucy per Mailbox-Nachricht unterrichtet hat, zwar sehr echt vor, doch in der Realität hat er nicht stattgefunden. Vielmehr war es Lucy selbst, die ihren Tod vorgetäuscht hat: Die Blutspuren auf dem Dach hat die psychisch labile Geigerin ebenso wie die in ihrem Badezimmer selbst gelegt, um die Spurensicherung in die Irre zu führen. Weil sie nach der Tat abgetaucht ist und ihre Leiche nicht gefunden werden kann, ermittelt die Kripo – so wie von ihr beabsichtigt – lange Zeit in die falsche Richtung.

Die Linkshänderin Lucy hatte schon während ihrer Kindheit erheblich unter ihrer Mutter, die selbst eine berühmte Musikerin im Orchester war, zu leiden. Sophie Castaneda, die an Depressionen litt und sich irgendwann aus Verzweiflung das Leben nahm, zwang ihre Tochter schon im Grundschulalter dazu, beim Geigespielen und bei vielen anderen alltäglichen Tätigkeiten ausschließlich ihre rechte Hand zu benutzen, um im Orchester leichteres Spiel zu haben. Außerdem schürte sie gezielt Ängste bei Lucy, wenn diese das Üben mit dem Instrument vernachlässigte – etwa durch eine fiktive Horrorfigur mit dem Namen Zwack, die faulen Händen angeblich die Finger abbeißt.

Darüber hinaus werden gemeinsame Ausflüge in eine abgelegene Waldhütte, bei denen Lucy tagelang Zeit mit ihrer psychisch kranken Mutter Zeit verbringen musste, in düsteren Rückblenden angedeutet – und beim Showdown der Tatort-Folge schließlich im Hier und Jetzt aufgegriffen, als die junge Frau sich in der Hütte versteckt und nach einer Abschiedsbotschaft per Handyvideo das Leben nehmen will. Letztlich ist Lucy also am auf ihr lastenden Druck, die beste Geigerin sein zu müssen, zerbrochen. Hinzu kam, dass ihre Rivalin Marina ihr ihren Freund Mats Haki (Theo Trebs) ausgespannt hat. Lucy wollte sich durch die vorgetäuschte Tat an ihren vermeintlichen Peinigern rächen.

Ja – allerdings nur in Lucys Traum, dem das Publikum in den spektakulären Schlussminuten des Krimis beiwohnt. Bei der TV-Aufzeichnung eines klassischen Konzerts erschießt Lucy zuerst Marina, dann ihre Geigenlehrerein Lahja Åkerström (Lisa Marie Janke), ihren Freund Mats und ihren eigentlich in Asien weilenden Vater Ludwig Castaneda (George Lenz) mit einem Jagdgewehr, ohne dass die vor Ort anwesende Polizei in Person von Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) und seinen Kollegen sie daran hindern würden.

Der Grund dafür ist einfach: In der Realität stirbt niemand, weil Lucy – die ebenfalls zu den luziden Träumern zählt – das Ganze nach der Einnahme einer Überdosis Tabletten auf dem Weg ins Jenseits nur träumt. Alle vermeintlichen Opfer überleben den Film: Wir sehen, dass Marina nach dem Konzert einen Blumenstrauß überreicht bekommt und Mats im Fernsehen am Reck turnt. Auch die träumende Selbstmörderin Lucy überlebt den Tatort Dreams, weil sie in der Nähe der Waldhütte in letzter Sekunde von Batic und Leitmayr gefunden wird und die Kommissare sie reaktionsschnell zum Entleeren ihres Mageninhalts zwingen.

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