Folge: 201 | 24. Januar 1988 | Sender: SR | Regie: Hans-Christoph Blumenberg
Bild: Walt Disney Home Entertainment |
So war der Tatort:
Haarig.
Gut drei Jahre nach dem letzten Einsatz von Kriminalhauptkommissar Horst Schäfermann (Manfred Heidmann) setzt der Saarländische Rundfunk mit Max Palu (Jochen Senf) erstmalig auf einen Ermittler, der sich von jedermann nur mit „Salü, Palu!“ grüßen lässt, französische Radiosender hört und im Vergleich zu seinem Vorgänger gegensätzlicher kaum ausfallen könnte.
Während sich der Vorzeige-Beamte Schäfermann peinlich genau an die Vorschriften hielt, pfeift Baguette-, Wein- und Frauenliebhaber Palu nicht nur auf feste Bürozeiten, sondern auch auf jegliche Form von Autorität. Und liefert zugleich in einer köstlichen Bettszene mit TV-Star Gudrun Landgrebe (Unsterblich schön) den eindrucksvollen Beweis, dass er sich aus seinem dichten Rückenfell problemlos ein Toupet für die eigene Halbglatze anfertigen lassen könnte. Mürrisch knurrt der kauzige Brillenträger bei der Lagebesprechung vor sich hin, kippt Kollegen heißen Kaffee in den Hemdkragen und geht lieber Gewürze kaufen, statt die Ermittlungen voranzutreiben.
Regisseur Hans-Christoph Blumenberg (Tote Taube in der Beethovenstraße) und Drehbuchautor Felix Huby, der später noch viele Bienzle-Fälle schreibt, machen es dem Publikum verdammt schwer, den egozentrischen Einzelgänger zu mögen, bedienen sich aber schließlich eines eleganten Kniffs: Kein Geringerer als der beliebte Schimanski-Kollege Christian Thanner (Eberhard Feik, Duisburg-Ruhrort) begibt sich in Salü Palu auf Stippvisite nach Saarbrücken, schlendert mit Palu über den Wochenmarkt und verdrückt dabei genüsslich die geliebte Currywurst. Ein köstlicher Kontrast, der Palu als Figur geschickt ironisiert und dabei um Längen natürlicher wirkt als der überzeichnete Harry Potter-Verschnitt Kraus (Alexander Gittinger, Winterschach), dessen müder erster Auftritt als Kriminalassistent zugleich schon sein vorletzter ist.
Salü Palu bringt eigentlich alles mit, was einen echten Tatort-Meilenstein ausmacht: Einen Kommissar, der charakterlich neue Maßstäbe setzt, ein mutiges Drehbuch und mit Hans Peter Hallwachs (Havarie) und Gudrun Landgrebe zwei prominente TV-Stars in wichtigen Nebenrollen. Was also fehlt dem 201. Tatort zur Höchstwertung?
Es sind Details, die das Palu-Debüt oft unfreiwillig komisch machen und die holprig inszenierte Rahmenhandlung um abgeschleppte und versklavte Partymiezen immer wieder ihrer Dynamik berauben. Der kultige Auftritt von 80er-Jahre-Pop-Ikone Sandra zum Beispiel, die ihren Hit Stop for a minute in voller Länge durch den Szene-Club „Village“ schmettert, nicht einmal Applaus dafür erntet und die Geschichte dramaturgisch völlig aus dem Tritt bringt. Oder hanebüchene Kneipendialoge wie „Der FC hat ja ganz schön verloren, was?“ – „Ja, aber nur ganz knapp.“, die uns einfach nur ein dickes Fragezeichen auf die Stirn zaubern.
Ansonsten hat Salü Palu wenig Schwächen – und sammelt beim Showdown mit einer prächtigen Hommage an den Italo-Western (samt bedeutungsschwangerer Nahaufnahme der Augenpartien) zusätzlich Pluspunkte. Allen penetranten Ziehharmonika-Klängen zum Trotz.
Bewertung: 8/10
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