Bild: ORF/SATEL/Hubert Mican

Böses Blut

Folge 475

22. Juli 2001

Sender: ORF

Regie: Peter Sämann

Drehbuch: Felix Mitterer

So war der Tatort:

Abstinent.

Nachdem sie ein Jahr zuvor bereits im Tatort Passion erfolgreich zusammen auf Täterfang gingen und dabei prächtig miteinander harmonierten, arrangiert der für die Tirol-Tatorte des ORF zuständige Drehbuchautor Felix Mitterer (Granit) diesmal ein Wiedersehen zwischen der impulsiven Innsbrucker Polizistin Roxane Aschenwald (Sophie Rois) und dem Wiener Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer): Der verbringt ein paar Tage Urlaub bei seiner Tiroler Kollegin und erhofft sich durchaus etwas mehr als nur den Platz auf ihrem Sofa. Doch zum Leidwesen des Schwerenöters gibt sich Aschenwald buchstäblich zugeknöpft – und ist damit in der 475. Tatort-Folge in guter Gesellschaft.

Wie bereits in Passion werden Eisners Urlaubspläne in Form einer Bergwanderung jäh durchkreuzt, als Aschenwald zu einem Mordfall gerufen wird. Sie befindet sich zwar ebenfalls im Urlaub und will ihren Gast begleiten, ist aber nicht zuletzt aufgrund ihrer privaten Situation Ansprechpartnerin Numero uno in solchen Fällen.


ASCHENWALD:
Warum denn immer ich? Natürlich: Frau und alleinstehend. Da bist du immer die Blöde!

So macht Eisner aus der Not eine Tugend und hilft ihr bei den Ermittlungen, wovon seine zuständige Kollegin schnell wenig begeistert ist: In einem Bergdorf wurde der Pfarrer Bruno Santner (Bernhard Schir, Ausgelöscht) nachts in seinem Haus überfallen und niedergeschlagen. Seine Haushälterin findet man wenig später erschlagen und gefesselt in ihrem Bett.

Während die kettenrauchende Aschenwald zunächst von Raubmord ausgeht und zwei Mitglieder der katholischen Jungschar ins Visier nimmt, die am Abend vor dem Mord beim Pfarrer zum Essen eingeladen waren, verfolgt der umtriebige Eisner die Spur eines roten String-Tangas, der geradewegs zu Margit Karner (Christine Neubauer) führt: Sie ist im Ort als „pfaffengeil“ verschrien. Als klassischer Vamp geizt sie vor dem abstinent lebenden Pfarrer nicht mit ihren Reizen, was nicht nur ihrem Mann Sepp (Peter Faerber, Nichts mehr im Griff) sondern auch Santners Freund und Kollegen Erich Gasser (Christian Spatzek, Telefongeld) missfällt.      

Insbesondere in der ersten Filmhälfte entwickelt sich unter Regie von Peter Sämann, der mit den Tirol-Folgen Elvis lebt! und Tödliche Souvenirs später noch zwei weitere Fadenkreuzkrimis für den ORF inszeniert, ein schwungvolles und launiges Treiben, was nicht zuletzt an den ebenso bissigen wie ironischen Kommentaren liegt, die Mitterer seinen Figuren in den Mund legt. Humorvolle Elemente sind fein dosiert und fügen sich passend in den ansonsten ernsten Erzählton ein. Beispielhaft dafür steht die Sequenz von Eisners Besuch im örtlichen Gasthof, als sich ein paar Einheimische über mögliche Mordmotive unterhalten, was der Wirt Walter Mühlbacher (Helmut Berger, Der Finger) mit einer süffisanten Meta-Bemerkung quittiert.


WIRT:
Nur weil der Alois beim Tatort hat mitspielen dürfen als Statist, glaubt er, er ist der Polizeipräsident!

Leider büßt Böses Blut nach knapp 45 Minuten nicht nur seinen beißenden Spott, sondern auch deutlich an Fahrt ein. Der Krimi verliert sich zunehmend in theologischen Diskussionen und eröffnet einen furchtbar ärgerlichen Nebenschauplatz um Eisners Frauengeschichten, der zu viel Raum einnimmt und damit die Handlung ausbremst. Bei der Obduktion begegnet Aschenwald der Gerichtsmedizinerin Dr. Renata Lang (Gundula Rapsch), einer alten Freundin Eisners, was dazu führt, dass sich beide Frauen hintergangen fühlen und sich von ihm abwenden. Ein Verhalten, dass man eher unter Pubertierenden auf dem Schulhof oder im ZDF-Herzkino erwarten würde, nicht aber im Tatort. Zumindest Aschenwald lässt sich später noch von Eisners Charme erweichen, nachdem sie den Chefinspektor zuvor aus ihrer Wohnung geworfen hatte – und beide gehen nackt in einem See schwimmen (seltsam steifes gegenseitiges Abtrocknen inklusive).  

Am Ende liegt der Fokus fast komplett auf Eisner und seinen Ermittlungen, die er größtenteils ohne Aschenwalds Wissen auf eigene Faust durchführt. Die Ermittlerin aus Tirol bleibt so recht blass, was schade ist: Nach ihrem starken Auftritt ein Jahr zuvor hätte ein krönender Abschluss folgen können. Doch der bleibt aus. Den bekommt dafür Birgit Minichmayr, die in ihrer Rolle als psychisch aufgewühlte Gastwirtstochter Barbara Mühlbacher lange unterm Radar fliegt, zum Schluss aber ihr großes schauspielerisches Potenzial andeutet. Die Auflösung ist am Ende vielleicht nicht ganz logisch und kommt ein wenig aus heiterem Himmel, aber zumindest ist sie überraschend. So oder so.

Bewertung: 5/10


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