Bild: ORF/Satel/POL/Bernhard Berger

Elvis lebt!

Folge 504

11. Juli 2002

Sender: ORF

Regie: Peter Sämann

Drehbuch: Felix Mitterer

So war der Tatort:

Wild. Wilder. Wilderer.

Denn während die bisherigen Tirol-Tatorte Passion und Böses Blut eine recht unaufgeregte Erzählweise kennzeichnete, wird beim achten Einsatz des Wiener Chefinspektors Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) deutlich schärfer geschossen. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen: Der Ermittler aus der Alpenrepublik gerät diesmal zwischen die Fronten von Jägern und Wilderern. Und die sind nicht zimperlich.

Es dauert aber eine ganze Weile, bis Eisner aktiv ins Geschehen eingreift: Unmittelbar nach dem obligatorischen Tatort-Intro sehen wir ihn zunächst vor Absolventen der Polizeiakademie einen Dia-Vortrag halten, der einen wunderbaren Meta-Moment bereit hält:


EISNER:
Wie Sie unschwer erkennen können, handelt es sich hier um einen Tatort.

Das Auftaktdrittel von Elvis lebt! gehört dann aber Polizei-Novizin und Gruppeninspektorin Stefanie Gschnitzer (Roswitha Szyszkowitz), die knapp ein Jahr später in Tödliche Souvenirs ein weiteres Mal im Tatort ermittelt. Wir werden Zeugen ihrer ersten beruflichen Gehversuche, die aber maximal unglücklich verlaufen: Gschnitzer versprüht zwar jede Menge Enthusiasmus, kann aber ihr Bürotelefon nicht bedienen, stürmt voller Übereifer an einen Tatort und fällt bei der Besichtigung der Leiche gleich mal in Ohnmacht.

Deutlich standfester sind die restlichen Figuren, die sich allesamt im Waldstück einfinden, in dem der Holzfäller und Elvis-Presley Fan Richard Stecher im entsprechenden Kostüm getötet wurde: Genau wie seine Brüder Erwin (Gregor Bloéb, Der Wächter der Quelle) und Hannes (Guntram Brattia, Mord in der ersten Liga) galt das Opfer als notorischer Wilddieb und wurde offenbar vom Jagdaufseher Hubert Buchberger (Elmar Drexel) in Notwehr erschossen. Da auch der Bürgermeister und Jagdpächter Konrad Hopfgartner (Anton Pointecker, Tod unter der Orgel) diese Version bestätigt, erhebt der zuständige Staatsanwalt (Thomas Stolzetti) keine Anklage. Buchberger wird auf freien Fuß gesetzt, aber fortan von den Stecher-Brüdern drangsaliert. Sie geben nichts auf die Arbeit der Polizei und regeln die Dinge lieber selbst.

Kein leichter Job für Gutmensch Gschnitzer, die bemüht ist, die jagenden und wildernden Hitzköpfe im Zaum zu halten, dabei aber genauso wenig Autorität ausstrahlt wie der naiv-bemitleidenswerte Hans Pfurtscheller (Alexander Mitterer). Letzterer wird beim Versuch, für Ordnung zu sorgen, einfach „beiseite“ gehängt.

Ulkige Momente wie dieser sind im Drehbuch von Felix Mitterer (Der Teufel vom Berg), der auch die weiteren Tirol-Folgen des ORF schrieb, aber rar gesät. Seine Geschichte basiert auf dem realen Fall des 1982 erschossenen Wilderers Pius Walder und hat damit einen ernsten Hintergrund. Walders charakteristische Kotelettenfrisur und sein halbstarkes Auftreten dienten als Vorlage für das Elvis-Motiv, das sich durch den gesamten Film zieht, aber überstrapaziert wird. Klassiker wie Can’t help falling in love oder Always on my mind bilden die melancholisch-musikalische Untermalung dieses atmosphärisch dichten Heimatkrimis, und doch schießen die Filmemacher damit übers Ziel hinaus. Bloéb und Brattia wandeln als wild gewordene Stecher-Brüder mit ihrem Hang zum Overacting auch gefährlich nah an der Grenze zur Parodie.

Das Kontrastprogramm in der Inszenierung von Regisseur Peter Sämann (Böses Blut), der sich in Sachen Suspense sogar bei Francis Ford Coppolas Meisterwerk „Der Pate“ bedient, bilden zwei andere Figuren: Der versoffene Choleriker Buchberger hasst Elvis-Musik und gibt lange Zeit den harten Hund, ehe er fast dem Wahnsinn verfällt. Noch eindringlicher ist nur der Auftritt von Gerlinde Stecher (stark: Brigitte Jaufenthaler, Tödliche Habgier), die als trauernde Witwe tatenlos mitansehen muss, wie ihr sturer und idealistischer Schwiegervater Simon Stecher (Peter Mitterrutzner, Freies Land) weiter der Wilderei nachgeht und dabei sogar seinen Enkel Georg (David Kofler) in Gefahr bringt.

Die 504. Tatort-Folge hat starke Momente, aber auch eine große Schwäche, die den passablen Gesamteindruck merklich trübt: Die stereotype Charakterzeichnung der Ermittler passt vielleicht in die Zeit des King of Rock’n’Roll, aber nicht ins 21. Jahrhundert. Insbesondere die immer nett lächelnde Gschnitzer, der jegliches Durchsetzungsvermögen fehlt, wirkte schon 2002 sehr eindimensional und aus der Zeit gefallen. Eisner hingegen gibt den starken Mann, der – als Retter in der Not gerufen – in Undercover-Mission und Jägermontur die Sache regelt. Da passt seine peinliche Anzüglichkeit gegenüber Gerichtsmedizinerin Dr. Renata Lang (Gundula Rapsch), die ihm vorab Nachhilfe in Sachen Jägerlatein gibt, fast schon ins Bild.


EISNER:
Dein Spiegel ist eine Blume. Mir zuckt die Rute. Und wenn nicht bald etwas passiert, dann bricht mir der Blick.

Bewertung: 5/10


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