Folge: 598 | 22. Mai 2005 | Sender: BR | Regie: Manuel Siebenmann
Bild: BR/Tellux-Film GmbH/Barbara Bauriedl |
So war der Tatort:
Gar nicht so verspielt, wie es der Krimititel nahelegt.
Denn in diesem Münchner Tatort wird aus den Macht- und Verwirrspielchen hinter den Kulissen einer erfolgreichen Werbeagentur schnell blutiger Ernst: Ist Agenturchef Rolf Mading (Wolfgang Hinze, Das Totenspiel) zu Beginn der 598. Tatort-Ausgabe noch voller gespannter Erwartung auf dem Weg zu einem geschäftlichen Treffen, so liegt er kurze Zeit später erschossen auf dem Boden eines leerstehenden Büros.
Die Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) nehmen die Ermittlungen auf und ihr Verdacht fällt natürlich auf den Mann, mit dem Mading in dem Bürokomplex verabredet war: Stephan Toczec soll er heißen – doch es stellt sich schon bald heraus, dass der eine Art Phantom ist.
Bernd Telwang (Philipp Moog, Der Wüstensohn), ein Angestellter des ermordeten Mading, erklärt den Kommissaren, dass niemand Toczec je zu Gesicht bekommen hat. Seit längerer Zeit schickt der Unbekannte unaufgefordert Konzepte an die Werbeagentur, die davon finanziell erheblich profitiert. Deshalb hatte sich Mading auf sein erstes persönliches Treffen mit dem kreativen Genie so sehr gefreut – und jetzt ist er ihm scheinbar zum Opfer gefallen.
Nur ein Spiel kommt damit als klassische Mördersuche daher: Während sich der just von einer Wallfahrt an Mariä Himmelfahrt zurückzitierte Assistent Carlo Menzinger (Michael Fitz) darum bemüht, Toczec trotz der wenigen Anhaltspunkte ausfindig zu machen, ermitteln Batic und Leitmayr im familiären und beruflichen Umfeld des Opfers. Und stellen schon bald fest, dass Mading sich in seinem Leben mehr Feinde als Freunde gemacht hat.
LEITMAYR:
Mochten Sie Herrn Mading?TELWANG:
Niemand mochte Herrn Mading.
Viele Bekannte von Mading hätten ein Mordmotiv gehabt, doch haben diese Tatverdächtigen ebenso auch alle ein Alibi: Der protzige Porsche-Fahrer Telwang hofft auf den Führungsposten in der Agentur, saß zur Tatzeit aber mit seinem Hund im Biergarten. Gunda Laux (Sibylle Canonica, Borowski und die Frau am Fenster) ist gerade auf dem Weg zu Gardasee, um sich von den Erniedrigungen durch ihren Chef und Geliebten zu erholen.
Madings Schwiegersohn Michael Klaes (Alexander Beyer, Schlaraffenland) litt unter seinem Schwiegervater und wurde von ihm aus der Agentur entlassen. Er macht mit seiner Frau Ellen (Chiara Schoras, Schwarzer Peter) zur Tatzeit gerade Urlaub auf Mallorca. Sie ist zwar der einzige Mensch, den Mading mochte, aber verübelte ihm dessen Umgang mit ihrem Ehemann. Und dann ist da noch Guido Harras (Martin Feifel, Vier Jahre), der ehemalige Geliebte von Madings Gattin Verena, der vor 15 Jahren für deren Unfalltod ins Gefängnis wanderte.
Im üblichen, zu entwirrenden Durcheinander aus Mordverdächtigen mit vermeintlich wasserdichten Alibis konzentrieren sich sowohl die Kommissare als auch die Verdächtigen lange darauf, herauszufinden, wer wohl hinter dem Phantom Stephan Toczec steckt. Regisseur Manuel Siebenmann (Ein mörderisches Märchen) erlaubt uns dabei Einblicke, die die Ermittler nicht erhalten – aber ein paar Verhöre und Verfolgungsjagden später wird auch Batic und Leitmayr klar, was es mit Toczec auf sich hat. Temporeich gestaltet sich das Ganze aber nur selten – erst als die Mordwaffe einem Verdächtigen in die Hände fällt, nimmt der Krimi Fahrt auf.
Trotz der routinierten Whodunit-Konstruktion erhalten Zuschauende auch keine echte Chance zum Mitraten: Ein Täter oder eine Täterin drängt sich wegen der Alibis nicht auf, und deshalb müssen die Drehbuchautoren Peter Zingler (Bombenstimmung) und Ulli Stephan (Falsche Liebe) am Ende auch eine unerwartete Wendung einbauen, die einer Person entgegen aller Mutmaßungen doch noch die einmalige Gelegenheit für den Mord eröffnet.
Dass der 40. Fall des Münchner Teams trotzdem keine allzu großen Längen hat, ist vor allem einigen amüsanten Nebenfiguren zu verdanken. Und auch Batic und Leitmayr legen wieder ihre üblichen Neckereien an den Tag: Während der eine Kommissar korrekt Goethe zitiert, aber eine Anspielung auf Don Johnson nicht versteht, geht es dem anderen Kommissar genau umgekehrt. Wer die beiden kennt, der ahnt, wer den Faust gelesen und wer Miami Vice geschaut hat.
Bewertung: 5/10
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