Folge: 614 | 13. November 2005 | Sender: SR | Regie: Robert Sigl
Bild: SR/Manuela Meyer |
So war der Tatort:
Um einen der Schlüsseldialoge von Rache-Engel aufzugreifen: erlösend.
Vor allem für Hauptkommissar und Radfahrer Max Palu (Jochen Senf) selbst – schließlich ist er schon lange nicht mehr der Genussmensch, der bei seinem Tatort-Debüt im Jahr 1988 in Salü Palu noch in aller Seelenruhe über Wochenmärkte schlenderte und mit Hingabe nach Baguette und Thymian Ausschau hielt, statt sich um feste Bürozeiten zu scheren.
2005 trinkt der Bonvivant von einst den Rotwein direkt aus der Pulle, kotzt sich auf der Terrasse seiner Partnerin über seinen Alltag aus und stellt verbittert fest: „Ich dümpel doch nur noch vor mich hin.“
Das ist verdammt wahr – und daher ist Palus 18. und letzter Fall nicht nur für den Hauptkommissar selbst, sondern auch für viele Fernsehzuschauer die erhoffte Erlösung. Sonderlich beliebt war Palu beim Publikum nie, im Gegenteil, große Teile der Zuschauer mochten den kauzigen Querkopf nicht – doch konnte man dem Saarländischen Rundfunk trotz des harschen Gegenwinds nie vorwerfen, einen massenkompatiblen Sympathieträger auf Verbrecherjagd im Benelux-Grenzgebiet zu schicken.
Palus Abgang, bei dem er seinen Kollegen Stefan Deininger (Gregor Weber), der mit Franz Kappl (Maximilian Brücker) zukünftig einen neuen Partner zur Seite gestellt bekommt, einfach stehen lässt, spricht auch in dieser Hinsicht Bände.
PALU:
Das war’s, Stefan. Kauf dir mal ’nen Anzug.
Der 614. Tatort markiert den Schlusspunkt einer Ära, die fast achtzehn Jahre andauerte. Damit ist Palu bis heute einer der langjährigsten Tatort-Ermittler. Als Krimi funktioniert Rache-Engel aber weit weniger gut, als es Hauptdarsteller Senf, der gemeinsam mit Andreas Föhr und Thomas Letocha auch das Drehbuch schrieb, lieb sein dürfte: Sieht man vom fulminanten Auftakt in der mondänen Villa des Opfers einmal ab, wirkt die Inszenierung von Regisseur Robert Sigl (Zielscheibe) zu überhastet, oft hektisch, fast ziellos.
Der Kreis der Verdächtigen ist um mindestens eine Person zu groß, die Schnitte sind abrupt gesetzt und die Handlung springt permanent zwischen verschiedenen Schauplätzen hin und her. Das macht Rache-Engel unnötig anstrengend und selten zum Vergnügen. Einzig die Mordsequenz, in der geschickt mit unterschiedlichen Kameraperspektiven gespielt, das Geschehen aus Sicht mehrerer Personen geschildert und den Zuschauer minutenlang gekonnt an der Nase herumgeführt wird, erweist sich einleitend als Volltreffer.
Als solcher entpuppt sich im Hinblick auf den Cast auch der vielfach leinwanderprobte Alexander Held (Der traurige König), der als aalglatter und eiskalter Geschäftsmann aus der klangvollen Besetzung um Aykut Kayacik (Auf der Sonnenseite) und Sylvester Groth (Das Dorf) noch einmal deutlich hervorsticht. Max Palu tat dies seit seinem ersten Einsatz – geschmeckt hat das vielen allerdings nicht.
Bewertung: 5/10
Schreibe einen Kommentar