Folge: 643 | 15. Oktober 2006 | Sender: SR | Regie: Rolf Schübel
Bild: SR/Manuela Meyer |
So war der Tatort:
Zerstritten.
Der Saarbrücker Kriminaloberkommissar Stefan Deininger (Gregor Weber), als ehemaliger Kollege des pensionierten Hauptkommissars Max Palu (Jochen Senf) eigentlich als dessen Nachfolger und neuer Leiter des Kommissariats designiert, ist nämlich alles andere als begeistert, als man ihm unverhofft einen „Schülerlotsen aus Bayern“ vor die Nase setzt.
Franz Kappl (Maximilian Brückner, Tod auf der Walz) ist sein Name, Tuba spielen sein nachbarstressendes Hobby und „Kriminalhauptkommissar“ steht auf seiner Visitenkarte. Zum Spott seiner neuen Kollegen in der saarländischen Landeshauptstadt bringt Kappl neben süßem Senf und anderen bayerischen Spezialitäten als moderner Ermittler auch US-Erfahrung mit in die Provinz, lässt Gaffer am Tatort filmen und weiß zu jedem Verhaltensmuster sogleich eine Statistik zu zitieren.
Nicht nur aufgrund seiner Amerika-Jahre erinnern die ersten Begegnungen von Kappl und Deininger an die der Kölner Kollegen Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär), die bei ihrem ersten Aufeinandertreffen in Willkommen in Köln ähnlich lautstark aneinander geraten, weil Ballauf Schenk die sicher geglaubte Beförderung wegschnappt.
Auch der Krimititel ist nicht ganz neu: Aus der Traum hieß 1986 bereits eine Folge mit der Mainzer Hauptkommissarin Hanne Wiegand (Karin Anselm) – eines der wenigen Beispiele dafür, dass im Tatort-Kosmos in Ausnahmefällen auch Titeldopplungen möglich sind.
Nach einer Dreiviertelstunde und einem gemeinsamen Mittagessen (inkl. Cameo-Auftritt von TV-Köchin Lea Linster) haben sich die erhitzten Gemüter zumindest halbwegs wieder abgekühlt, so dass sich das neue Ermittlerduo aus Saarbrücken auf den ersten gemeinsamen Fall konzentrieren kann.
Der ist für Deininger ein ganz persönlicher: Seine geliebte Ex-Kollegin Kathi Schaller (Vaile Fuchs, Der Traum von der Au), die zuvor noch als Marilyn Monroe-Double auf seiner Geburtstagsfeier ein Ständchen zum Besten gegeben hatte, wird mit drei Schüssen in ihrer Wohnung getötet.
Unterstützt werden Kappl und Deininger bei ihren Ermittlungen zum einen von Spurensicherungsleiter Horst Jordan (Hartmut Volle), der auch bei ihren Nachfolgern Stellbrink und Marx an Bord bleibt, zum anderen von Gerichtsmedizinerin Dr. Rhea Singh (Lale Yavas, Dunkle Wege), die mit den Leichen auf ihrem Untersuchungstisch Gespräche führt und bei ihrem Debüt einen äußerst merkwürdigen Eindruck hinterlässt.
Die bereits zu Palu-Zeiten etablierte Tradition der grenzüberschreitenden Ermittlungen setzt sich auch bei Kappl und Deininger fort, die bald in Kontakt mit dem Zoll und französischen Revolverhelden geraten.
Während der prominent besetzte Cast um TV- und Kinogrößen wie Burghart Klaußner (Schatten) und Andreas Schmidt (Altlasten) durch die Bank überzeugt, schwächelt das Drehbuch von Fred und Léonie-Claire Breinersdorfer vor allem auf der viel zu versöhnlich angelegten Zielgeraden: Ein bisschen weniger Friede, Freude, Eierkuchen hätte dem 643. Tatort, den Regisseur Rolf Schübel (Der Tote vom Straßenrand) ansonsten solide in Szene setzt, deutlich besser zu Gesicht gestanden.
Bewertung: 5/10
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