Folge: 700 | 25. Mai 2008 | Sender: MDR | Regie: Tobias Ineichen
Bild: MDR/Junghans |
So war der Tatort:
Mürrisch.
Beim Debüt des neuen Leipziger Ermittlerduos drängt sich die frühere Lebensgefährtin des 2019 verstorbenen Ex-Schalke-04-Managers Rudi Assauer – Simone Thomalla (Berliner Weiße) – in ihrer neuen TV-Rolle als Hauptkommissarin Eva Saalfeld nämlich nicht etwa in den Mittelpunkt. Dafür steht das ausgewählte Titelbild zu dieser Kritik exemplarisch.
Nein, es ist Saalfelds neuer beruflicher – und alter privater – Partner Andreas Keppler (Martin Wuttke, Pauline), den niemand beim Vornamen nennen und schon nach wenigen Stunden Ermittlungsarbeit kaum jemand mehr leiden mag, der den 700. Tatort als Figur von Beginn an dominiert.
Saalfelds unterschwellige Faszination für den Mann, mit dem sie drei Jahre verheiratet war, und der ihn nach zehn Jahren plötzlich im Polizeipräsidium gegenüber sitzt, lässt sich eigentlich kaum nachvollziehen: Keppler ist ein mürrischer Kotzbrocken, ein wortkarger Eigenbrötler, ein nie lächelnder, nie grüßender Alleingänger, kurz: ein Arschloch. Aber eben auch ein Profi.
Für eine/n Tatort-Kommissar/in sind Ecken und Kanten naturgemäß prächtige Voraussetzungen, um beim Zuschauer nachhaltig im Kopf zu bleiben, doch letztere lässt Saalfeld im Gegensatz zu Keppler leider gänzlich vermissen.
Die Drehbuchautoren Mario Giordano (Altes Eisen) und Andreas Schlüter, die bereits die Folge Racheengel mit den Leipziger Vorgängern Kain und Ehrlicher zusammen schrieben, scheinen in Todesstrafe keinen großen Wert darauf zu legen, der weiblichen Hauptfigur bei ihrem Debüt charakterliche Tiefe zu verleihen. Eva Saalfeld definiert sich ausschließlich über ihren Ex-Mann – selbst als sie ihren Neffen abholt und fix bei der Verwandtschaft vorbeibringt, ist es Keppler, dem die Szene gehört.
Minimalmimin Thomalla, trotz vieler kleiner Rollen im TV bis 2008 in erster Linie durch den Kult-Werbespot „Nur gucken, nicht anfassen!“ und die zahlreichen öffentlichen Auftritte mit dem später an Alzheimer erkrankten Assauer bekannt geworden, braucht im 700. Tatort nicht viel mehr zu tun, als ihre tiefroten Lippen zu schürzen und sich mit ihren dunklen Wimpern durch den Krimi zu klimpern.
Dass ihr inflationär zum Einsatz kommender Schlafzimmerblick für die Rolle ausreicht, mag man ihr nicht einmal vorwerfen – Thomalla, die sich 90 Minuten lang in knallenge Lederoutfits presst, ist zwar Hauptdarstellerin, wirkt aber oft wie schmückendes Beiwerk.
Die Rahmenhandlung um den Kindesmissbrauch und die im Raum stehende Selbstjustiz und Todesstrafe ist im Übrigen kaum der Rede wert – Regisseur Patrick Winczewski (Im Netz der Lügen) knüpft bei seiner mühsamen und selten spannenden Inszenierung nahtlos an das einfallsarme Drehbuch an.
Unfreiwilligen Unterhaltungswert bieten aber mal wieder die unterirdisch schauspielernden Statisten: Allein die Chorprobensequenz, in der die engagierten Laiendarsteller im Hintergrund ihren ganz eigenen Film spielen, ist das Einschalten wert.
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