Folge 733
10. Mai 2009
Sender: SWR
Regie: Bodo Fürneisen
Drehbuch: Kai-Uwe Hasenheit
So war der Tatort:
Unter Strom.
Und das gilt nicht nur, aber sogar buchstäblich für Hauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts): Die Ermittlerin aus Ludwigshafen verunglückt in Tödlicher Einsatz nämlich bei einer Verfolgungsjagd und erleidet einen Stromschlag. Doch natürlich können weder ein mahnender Arzt noch der gut gemeinte Ratschlag ihres besorgten Kollegen Mario Kopper (Andreas Hoppe) die toughe Kommissarin davon abhalten, sich direkt wieder ins Geschehen zu stürzen.
Zu diesem Zeitpunkt hat sich bereits einiges zugetragen: Nachdem der drogenabhängige Florian Weigold (herausragend: Mirco Kreibich, Die Rache an der Welt) bewaffnet eine Tankstelle überfällt, soll ihn ein Sondereinsatzkommando festnehmen. Doch beim Versuch, Weigold zu stellen, wird der SEK-Beamte Andreas Ziegler (Andreas Grötzinger Feierstunde) erschossen. Weigold kann fliehen – aber hat er wirklich den tödlichen Schuss abgegeben?
Odenthal und Kopper ermitteln auch innerhalb der Einheit und liegen mit ihren Kollegen selten auf einer Wellenlänge. Und es verwundert nicht, dass der titelgebende Einsatz einen tödlichen Ausgang nimmt, denn das Team von Einsatzleiter Thomas Renner (Heikko Deutschmann, Vielleicht) macht einen fragwürdigen Eindruck und wirkt wie ein unerzogener Haufen pubertierender Halbstarker: Kerem Yildiz (Bijan Zamani, Herz aus Eis) erscheint etwa mit einer Alkoholfahne zum Dienst und musste wegen Trunkenheit am Steuer seinen Lappen abgeben. Der stets mies gelaunte Christian Howald (Holger Daemgen, Franziska) telefoniert heimlich während einer Einsatzbesprechung. Und Markus Schenk (André Dietz), nimmt es mit der Pünktlichkeit nicht so genau.
Das Personal wird komplettiert vom milchgesichtigen Karsten Engelhard (Stefan Roschy), den man in seinem Auftreten eher in einer 90er-Jahre-Boygroup verorten würde als in einer Spezialeinheit der Polizei. Das Greenhorn wird zwar von Schwiegervater Renner protegiert, hat aber im Team einen schweren Stand – erst recht, nachdem er Weigold laufen lässt.
Ein altbekanntes Tatort-Muster, das wir etwa aus dem Lindholm-Tatort Dunkle Wege von 2005 oder dem späteren Ludwigshafener Fall Tödliche Ermittlungen von 2011 kennen: Bei der authentischen Darstellung von Polizeifiguren tun sich die Filmemacher oft schwer. Die 733. Tatort-Folge bildet da keine Ausnahme, denn Drehbuchautor Kai-Uwe Hasenheit, dessen Beitrag für die Krimireihe ein einmaliges Intermezzo bleibt, schießt bei seiner Figurenzeichnung über das Ziel hinaus.
Klar, SEK-Beamte sind einer hohen Belastung ausgesetzt, müssen Ausnahmesituationen meistern und stehen ständig unter Strom. Doch werden sie deshalb gleich allesamt zu Kotzbrocken und regeln die Dinge wie die Cosa Nostra? Gesetzeshüter verhalten sich hier wie Gesetzeslose, weshalb der aufbrausende Einsatzleiter die Kommissarin, das TV-Publikum und nicht zuletzt sich selbst sogar nochmal daran erinnern muss, auf welcher Seite seine Truppe eigentlich steht. Damit verweist er (unbewusst) auf einen starken Münchner Tatort, der ein gutes halbes Jahr später seine TV-Premiere feiert:
Tödlicher Einsatz ist darüber hinaus auch ein Fall nach Schema F, in dem es von abgegriffenen Plattitüden und leeren Worthülsen nur so wimmelt. Von Hochspannung keine Spur – nimmt man Odenthals einleitend erwähnten Strom-Unfall einmal aus. Auch bei der Beantwortung der Täterfrage wird die Einfallslosigkeit offensichtlich, fällt die Wahl am Ende doch mal wieder auf das bekannteste Gesicht im Cast.
Regisseur Bodo Fürneisen (Schweinegeld) versteht es dennoch, aus dem schwachen Skript das Maximum herauszuholen. Insbesondere die Geschichte um Junkie Florian Weigold, dem hin und wieder eine Sicherung durchbrennt und der sich in seiner Verzweiflung nicht anders zu helfen weiß, als nach Jahren der Funkstille bei seinem Vater Peter Weigold (Rudolf Kowalski, Tod im Häcksler) aufzutauchen, setzt er berührend in Szene. Etwas kitschig wirken lediglich einige unnötige Zeitlupen. Kowalski überzeugt als angesehener Notar und hilfloser Vater, der seinem Sohn helfen will, aber nicht weiß, ob er ihm trauen kann.
Abschließend hervorzuheben ist auch die tolle Performance von Jungschauspieler Mirco Kreibich, der für seine Darstellung des unberechenbaren Drogensüchtigen 2010 mit dem Günter-Strack-Fernsehpreis ausgezeichnet wurde: Seine Leistung ist ein Lichtblick in einem enttäuschenden Tatort, bei dem der Funke nicht überspringt und in dem auch SpuSi-Chef Peter Becker (Peter Espeloer) und Assistentin Edith Keller (Annalena Schmidt) nur Dienst nach Vorschrift verrichten.
Bewertung: 4/10
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