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Kinderwunsch

Folge: 735 | 1. Juni 2009 | Sender: ORF | Regie: Walter Bannert

Bild: rbb/ORF/Allegro Film/Petro Domenigg

So war der Tatort:

Kinderreich – und das, obwohl es im Wiener Tatort Kinderwunsch vor allem um Paare geht, denen eben jener titelgebende Wunsch auf natürlichem Wege verwehrt bleibt.

Die Ermittlungen im Fall einer ermordeten Star-Journalistin – die Folgen Investigativ oder Summ, Summ, Summ lassen grüßen – führen den Wiener Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) direkt zu kugelbäuchigen Schwimmerinnen und in Mutter-Kind-Gymnastikgruppen, vor allem aber in die Reproduktionsklinik Invitral, in der der Natur mit künstlicher Befruchtung (und unlauteren Methoden) auf die Sprünge geholfen wird. 


Im ungeliebten Linz wird Eisner in einer schmucken Wohnung einquartiert und erhält zudem Unterstützung von der Gruppeninspektorin und zweifachen Mutter Karin Brandstätter (Franziska Sztavjanik, Der Millenniumsmörder), die von den Drehbuchautoren Thomas Baum (Tödliches Vertrauen) und Walter Bannert (Animals), der auch Regie führt, aber eher oberflächlich als Figur skizziert wird. Gleiches gilt für den Kriminalassistenten Wolfgang Rohrmoser (Michael Menzel), der sich zum Auftakt seltsam unterwürfig gibt und auch in der Folge kaum nennenswert in Erscheinung tritt.


ROHRMOSER:

Ziemlich neu noch hier, also Lehrling sozusagen.

So muss erwartungsgemäß wieder Eisner den Kopf hinhalten – und das im buchstäblichen Sinne, schmückt den Kopf des Chefinspektors nach einem schmerzhaften Schlag auf den Schädel im Schlussdrittel doch ein stattliches Pflaster mit schickem Haarnetz. Vergleicht man Eisners Brummschädel mit den Verletzungen in späteren Tatort-Folgen, die in Unvergessen sogar in einem Kopfschuss mit anschließender Amnesie gipfeln, möchte man fast sagen: Glück gehabt, Moritz.

Als weniger glücklich erweist sich der Verzicht der Filmemacher auf das gewohnte Whodunit-Prinzip: Spätestens, als neben Star-Journalistin Sandra Walch (Ulrike Rieger) auch der Gentechniker Max Biro (Arthur Klemt, Kolportage) ins Gras beißen muss, ist die Täterfrage in Kinderwunsch geklärt, der Mörder nur gesichtsloser Handlanger einer breit aufgestellten Organisation und somit als Person kaum relevant.

Auch die mittelschwere Familienkrise im Hause Weber, die gemeinsam einen teuren Fitness-Club betreibt und dort die oben genannten Schwangerschaftsgruppen auf Zack bringt, erweist sich als wenig spannungsfördernd und bringt den Erzählrhythmus mit einer halbgaren Entführung von Sohn Philipp (Calvin Claus) und müden Streitereien zwischen der biestigen Mutter Julia (Tamara Metelka, Die Freundin) und dem bedauernswerten Vater Stefan (Daniel Keberle, Nichts mehr im Griff) eher aus dem Tritt.

So ist es tatsächlich die folgenreiche Liaison zwischen Eisner und der gutaussehenden Musikprofessorin Maria (Dorka Gryllus, Familienaufstellung), die sich als prickelndster Knoten der Handlung erweist – ganz anders als im ähnlich gelagerten Exitus, in der Eisner mit der attraktiven Pathologin Dr. Paula Weisz (Feo Aladag) anbandelte. 


Dass die hübsche Klavierspielerin Eisners Schmeicheleien ein wenig zu schnell verfällt und der emotionale Twist daher nur kleine Teile des Fernsehpublikums überraschen dürfte, ist zu verkraften: Das daraus resultierende, verbissen geführte Mann-gegen-Mann-Duell zwischen Eisner und einem Profikiller ist zweifellos die spannendste Sequenz im 735. Tatort. 


Und übertrifft sogar noch den packenden Showdown auf einem ukrainischen Schiff, bei dem der Zuschauer ausgiebig um das Überleben von Brandstätter und Rohrmoser zittern soll. Dumm nur, dass großen Teilen des Publikums die beiden 08/15-Figuren ziemlich egal sein dürften.

Bewertung: 6/10


Kommentare

2 Antworten zu „Kinderwunsch“

  1. Avatar von Lars-Christian Daniels
    Lars-Christian Daniels

    Danke für den Hinweis auf den Zahlendreher – ist korrigiert!

  2. Hallo, ich hab den Tatort auch neulich gesehen. Ihrer Kritik kann ich weitgehend folgen. Nur zwei Kleinigkeiten: Sie haben einen Zahlendreher in der drittletzten Zeile – es ist der 735. Tatort. Und um das Leben der Kollegen musste man kaum bangen, weil klar war, dass sie die zuvor eingeführten Westen trugen (so kurz vor Jauch passiert nichts Schlimmes mehr).

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