Bild: SWR/Peter A. Schmidt

Der Schrei

Folge 776

17. Oktober 2010

Sender: SWR

Regie: Gregor Schnitzler

Drehbuch: Michael Proehl, Dirk Morgenstern

So war der Tatort:

Selbsterklärend.

Die Ludwigshafener Hauptkommissare Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), Mario Kopper (Andreas Hoppe) und alles, was im 776. Tatort sonst noch mit Dialogzeilen gesegnet ist, machen es sich in Der Schrei nämlich zur Daueraufgabe, immer noch einen Satz mehr zu sagen als eigentlich notwendig.

Das beginnt schon beim einleitenden Fund einer Mädchenleiche, die ein T-Shirt mit Sonnenmotiv und der Aufschrift „I’m a princess“ trägt: „Manchmal hasse ich unseren Job“, resümiert Odenthal frustriert, und spricht damit aus, was die Kamera längst erzählt hat.

Und es geht munter weiter: „Als Kinderficker bist du für alle der Arsch“, klagt der verurteilte Triebtäter, „Kinder sind leicht zu manipulieren,“ erklärt Odenthal wissend, und für all jene, die trotz Koppers Hinweis auf ein wichtiges Skype-Gespräch nach Kroatien zwei Minuten später schon wieder verdrängt haben, wohin der Kommissar doch gleich webtelefoniert, hängt die Tatort-Requisite sicherheitshalber eine riesige Kroatienflagge an die Wand im Hintergrund.

Zumindest die Verpackung des Krimis sollte stimmen, wenn der Inhalt schon schwächelt, aber: Kaffeetassen werden mit Kaffee gefüllt, der in typischer Fernsehfilmmanier nur zum Mund geführt und nicht getrunken wird, gedreht wird in tristen, menschenleeren Freizeitparkruinen, durch die angeblich Tausende von Menschen strömen, und der Soundtrack zum Krimi stammt von – kein Scherz – der damals schwer angesagten Teenie-Band Tokio Hotel („Schrei!“).

Der Schrei wirkt von vorne bis hinten durchgeplant und aufgesetzt – und wäre angesichts der Zentner an Laubwerk, die in den surrealen Traumsequenzen durch die Wohnung der labilen Mutter Ruth Fichter (Annika Kuhl, Nachtgeflüster) wehen, mit Das Laub deutlich treffender betitelt. Dass gerade diese Anleihen beim Psychothriller-Genre wirkungslos verpuffen und statt der erhofften Gruselmomente lediglich unfreiwillige Lacher produzieren, ist bemerkenswert, hat Regisseur Gregor Schnitzler (Das schwarze Grab) doch unter anderem kurzweilige Kinoerfolge wie Soloalbum oder deutsche Independent-Perlen wie Was tun, wenn’s brennt in seiner Vita stehen.

Was Schnitzler hier allerdings leistet, wirkt von der ersten bis zur letzten Minute unglaublich verkrampft: Die Inszenierung könnte selbstverliebter und unstimmiger kaum ausfallen, steht angesichts der fürchterlich künstlichen Dialoge, die Harald Göckeritz (Mord in der ersten Liga) in sein Drehbuch schreibt, aber ohnehin auf verlorenem Posten. Zu allem Überfluss muss sich Kopper auch noch mit einem nervtötenden Steppke herumschlagen, der das halbe Polizeipräsidium mit müden Streichen zur Weißglut bringt und auf der Sympathieskala die Werte von Jar-Jar Binks aus „Star Wars – Episode I“ noch mühelos unterbietet.

Wäre der Ermittler nicht so ein putziger Schlafliedsänger – ein zweiter Punkt auf der Bewertungsskala, den sich diese völlig missglückte Folge noch so eben mit Ach und Krach verdient, wäre kaum zu rechtfertigen.

Bewertung: 2/10


Kommentare

Eine Antwort zu „Der Schrei“

  1. Avatar von Anonym

    Was ist mit "selbstverliebte" Inszenierung gemeint?

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