Folge: 801 | 15. Mai 2011 | Sender: Radio Bremen | Regie: Florian Baxmeyer
Bild: Radio Bremen/Jörg Landsberg |
So war der Tatort:
Blutsbrüderlich.
In Der illegale Tod, dem 19. gemeinsamen Einsatz von Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und ihrem Kollegen Nils Stedefreund (Oliver Mommsen), trifft der Bremer Ermittler nämlich seinen alten Kumpel und Saufkumpanen Peer Förden (Michael Pink, Tote Männer) wieder, von dem er auch gleich an den nächstbesten Kneipentresen geschleppt wird.
Nach dem feuchtfröhlichen Tequilamarathon wird dann die alte Blutsbrüderschaft wieder aufgefrischt – und am nächsten Morgen festgestellt, dass nicht nur der trinkfeste Freund, sondern auch die nächtliche Tresenbekanntschaft Amali Agbedra (Florence Kasumba, Tod einer Lehrerin) wie vom Erdboden verschluckt ist. Stedefreunds Problem: Ein großer Blutfleck in Fördens Wohnung und ein gewaltiger Schädel, der ihm am Anfang der Ermittlungen ganz schön zu schaffen macht.
Nichts Neues also in der 801. Ausgabe der Krimireihe – verkaterte Kommissare zählen schließlich seit Jahren so fest zum Tatort-Inventar wie leere Kaffeetassen und das Fadenkreuz im Vorspann (in Der Lippenstiftmörder erwischte es zum Beispiel den Ludwigshafener Kollegen Mario Kopper, die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk gemeinsam in Fette Hunde).
Auch die dienstlichen Streitereien zwischen Lürsen und ihrer Tochter Helen Reinders (Camilla Renschke) zählen fest zum Bremer Tatort-Konzept, doch Drehbuchautor Christian Jeltsch (Wie einst Lilly) hievt diese diesmal auf ein neues Level: Helen wird befördert und arbeitet als Kommissarin vom Dienst ab sofort noch enger mit der eigenen Mutter zusammen.
Dass das nicht lange gut geht, versteht sich von selbst – sorgt aber zugleich für einen bemerkenswerten Mutter-Tochter-Moment, der die Hauptkommissarin sprachlos zurücklässt.
REINDERS:Warst du eigentlich jemals stolz auf mich?
Auch sonst inszeniert Regisseur Florian Baxmeyer (Häuserkampf) einen sehr emotionalen Tatort, doch die Filmemacher und Schauspieler treffen dabei nicht immer den richtigen Ton und lassen ihre Figuren die eine oder andere Träne zu viel verdrücken.
Der traumatisierte Klaus Kastner (Daniel Lommatzsch), Schlüsselfigur beim Untergang eines afrikanischen Flüchtlingsboots im Mittelmeer, kreischt und schluchzt sich als seelisches Wrack durch den Krimi, trägt dabei aber häufig zu dick auf und strapaziert das Nervenkostüm des Zuschauers schon nach der ersten Sequenz.
Dass Der illegale Tod mit der Flüchtlingsproblematik an den europäischen Küsten ein Politikum thematisiert, das noch Jahre später für Schlagzeilen sorgt und unterm Strich nicht ganz Tatort-Kragenweite besitzt, ist aller Ehren wert, führt aber zu komplizierten Verwicklungen und Wendungen, von denen bei weitem nicht jede einleuchten will.
Hier wäre weniger mehr gewesen: Die Satellitenüberwachung der Bootseinsätze im Mittelmeer beispielsweise darf vor dem Hintergrund des Zeitgeistes zwar als netter Seitenhieb gegen Google Street View & Co. gewertet werden, ließe sich aber problemlos aus dem Drehbuch streichen und hätte die Ermittlungen erheblich entschlackt. Auch der späte Twist, bei dem sich endlich der Verbleib von Stedefreunds tequilatrinkendem Blutsbruder klärt, vermag krimierprobte Zuschauer nicht wirklich zu überraschen.
Immerhin: Inga Lürsen gibt sich in Der illegale Tod angriffslustig wie selten – und darf sogar einem schmierigen Politiker die Nase brechen. Autsch!
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