Folge 828
12. Februar 2012
Sender: Radio Bremen
Regie und Drehbuch: Peter Henning, Claudia Prietzel
So war der Tatort:
Unerträglich.
Die Bremer Hauptkommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) fahnden bei ihrem 20. gemeinsamen Einsatz nach einem Tankstellenmörder, der einen ganzen Batzen Geld am Tatort hat liegen lassen – genau genommen 20.000 Euro.
Weil Peter Henning und Claudia Prietzel, die 2005 bereits gemeinsam den Bremer Tatort Scheherazade inszenierten, bei ihrem Drehbuch aber auf das tatorttypische Whodunit-Prinzip verzichten und die vermeintliche Täterin mit der Waffe in der Hand zeigen, kann von „fahnden“ eigentlich gar keine Rede sein: Anders als die Bremer Ermittler wissen wir von vornherein, wie der Hase läuft.
Folglich plätschert der Krimi vor allem in der ersten Hälfte ohne jeden Ausschlag der Spannungskurve vor sich hin. Für die oft gemütlichen Tatort-Folgen aus Bremen ist das freilich nichts Außergewöhnliches – was Ordnung im Lot aber schon bei der ersten Verhörsequenz das Genick bricht, ist die tatverdächtige, offenbar psychisch kranke Sylvia Lange (Mira Partecke), die im Wohnhaus gegenüber der besagten Tankstelle mit Sohn Max (Vincent Göhre, Tiefer Fall) und Ehemann Ole (der spätere Frankfurter Tatort-Kommissar Wolfram Koch, Hinkebein) vor sich hin vegetiert und mit geistesabwesendem Blick wirres Zeug von sich gibt.
Sobald Frau Lange, die sich mit goldenen Wärmedecken vor „schlechten Schwingungen“ schützt, den Mund aufmacht, darf laut gelacht werden – denn mit zunehmender Spieldauer fällt es immer schwerer, Ordnung im Lot noch ernst zu nehmen. Dafür ist Langes unfreiwillig komisches Gefasel einfach viel zu bescheuert. Kostproben gefällig?
Lürsen und Stedefreund lauschen den verwirrten Ausführungen natürlich geduldig und
verständnisvoll – um dann am Ende überrascht festzustellen, dass sie die kranke Frau ja irgendwie doch nie verstanden haben. Da sind wir ganz bei ihnen.
Lange stülpt sich nicht nur Plastiktüten über ihre Schuhe, wenn sie das Tankstellengelände betritt, sie riegelt ihr Haus auch hermetisch vor Tageslicht ab und hängt Ventilatoren an die Zimmerdecke, um bei geschlossenen Fenstern wenigstens den Mief im Haus zirkulieren zu lassen. Erinnert verdächtig an die amerikanischen Gruselfilme Signs und The Others – nur eben ohne Spannung und in einem Bremer Wohnhaus.
Immerhin: Der nervtötende Kriminalassistent Karlsen (Winfried Hammelmann) weilt diesmal im Kroatien-Urlaub, klingt aber selbst am Telefon so, als würde er seinen Text direkt von einem Blatt Papier ablesen. Zum wahren Täter – Überraschung: Es ist nicht Frau Lange! – führt dann die griechische Mythologie; genauer gesagt, die sagenumwobene Ameisenarmee des Gottes Zeus. Auch noch nie davon gehört?
All das ist so hanebüchen zusammengeschustert, dass man den Abspann mit jeder Minute stärker herbeisehnt. Vorher weht in der Schlusseinstellung aber noch eine weiße Plastiktüte durchs Bild, die so offensichtlich von Sam Mendes‘ tragikomischem Meisterwerk American Beauty abgekupfert ist, dass sich der 828. Tatort das Prädikat Totalausfall voll und ganz verdient.
Bewertung: 1/10
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