Folge 838
13. Mai 2012
Sender: SWR
Regie: Ed Herzog
Drehbuch: Dorothee Schön
So war der Tatort:
Interaktiv.
Denn die ARD blendete während der Erstausstrahlung des Films im Mai 2012 auf Videotext-Seite 777 nicht nur erstmalig aktuelle #Tatort-Tweets ein, sondern forderte die Internetgemeinde auch zum Miträtseln auf. Besonders eine Frage blieb nach dem Abspann aber unbeantwortet: Warum den Drehbuchautoren (hier: Dorothee Schön, Mord ist die beste Medizin) und dem SWR für seine zu diesem Zeitpunkt älteste Tatort-Stadt einfach nichts Neues mehr einfällt.
Eine Entführung der Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) gab es schließlich schon zur Genüge, zuvor etwa in der Serienmörder-Folge Hauch des Todes, in der sich die Ludwigshafener Hauptkommissarin in Plastikfolie wickeln und in letzter Sekunde von ihrem treuen Kollegen Mario Kopper (Andreas Hoppe) retten ließ.
In Der Wald steht schwarz und schweiget (eine schöne Hommage an das Kinderlied Der Mond ist aufgegangen) sind unter Regie von Ed Herzog (Herz aus Eis) keine Psychopathen, sondern Jugendliche aus einem Resozialisierungscamp hinter Odenthal her – Teenager also, die im Privatfernsehen des Jahres 2012 normalerweise in Rachs Restaurantschule oder bei Die strengsten Eltern der Welt endeten. Teenager, die kein Wort Französisch sprechen, in diesem Krimi aber durch den Pfälzer Wald nach Frankreich fliehen wollen. Und Teenager, die ein Dutzend Magic Mushrooms vertilgen und wie Westernhelden durch die Gegend ballern, gleichzeitig aber über das Wort „Pimmelgarage“ kichern und sich um die geschundenen Füße sorgen.
Natürlich, mit einer Geisel im Gepäck bieten sich ausgeschilderte Wanderwege an. Dem durchgeknallten Glatzkopf die Knarre anzuvertrauen – besonders clever. Und dass die Erfolgsaussichten, mit einem Helikopter im Genick zu sechst in einer morschen Nussschale über einen stark strömenden Fluß zu schippern, überschaubar ausfallen, dürfte eigentlich selbst den bildungsfreien Halbstarken einleuchten. „Was ist denn Risotto?“
Logik oder gar Realitätsnähe sucht man in Der Wald steht schwarz und schweiget fast über die gesamte Spieldauer des Films vergebens – ja warum schweiget er denn überhaupt, der Wald? Schließlich sind permanent Buschtrommeln oder bedeutungsschwangere Streicher zu hören, während in Herr der Ringe-Manier über Stock und Stein gehetzt wird.
Sie können einem fast leid tun, die fünf Jungschauspieler, unter ihnen spätere deutsche Kinostars wie Frederick Lau oder Edin Hasanovic, genötigt zu permanentem Over-Acting, Wörtern wie „Akopperlypse“, Stockholm-Syndrom, Spinnen-Tätowierungen am Hals und emotionalen Ausbrüchen im Minutentakt.
In der langen Tatort-Geschichte der Lena Odenthal gab es schon einige blamable Kapitel – man denke nur an die Katastrophenfolge Fette Krieger oder den späteren Impro-Tatort Babbeldasch. Mit dem 838. Tatort wurde 2012 ein weiteres, aber noch lange nicht das letzte geschrieben.
Bewertung: 1/10
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