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Nachtkrapp

Folge: 845 | 7. Oktober 2012 | Sender: SWR | Regie: Patrick Winczewski

Bild: SWR/Peter Hollenbach

So war der Tatort:

Gar nicht mal so gruselig, wie es der Trailer zu Nachtkrapp, dem 10-jährigen Konstanzer Tatort-Jubiläum nach dem Erstling Schlaraffenland, hatte erhoffen lassen.

Dabei ist mit der Ausgangslage, bei der ein finster im Fenster erscheinender Kinderschreck – der Nachtkrapp – nachts in ein Schullandheim eindringt und einen kleinen Jungen bestialisch ermordet, eigentlich alles wie gemalt für einen packenden, düsteren und stimmungsvollen Tatort, bei dem Regisseur Patrick Winczewski (Tod auf dem Rhein) mit einer gekonnten Inszenierung die kindlichen Urängste seines Publikums wecken könnte.

Auf eben jene zielt er zweifellos ab – scheitert dabei aber recht kläglich. Nachtkrapp ist zwar (es handelt sich schließlich um einen Bodensee-Tatort) fantastisch fotografiert und spielt vor herbstlichen See- und Alpenpanoramen, aber leider alles andere als spannend.

Nach dem passablen Auftakt im Schullandheim kämpft sich Drehbuchautorin und Tatort-Debütantin Melody Kreiss mühsam durch einen müden Rundumschlag gegen die katholische Kirche, heiratswillige Asiatinnen (Young-Shin Kim, Der Traum von der Au) und das Kompetenzgerangel zwischen Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes), Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) und Matteo Lüthi (Roland Koch), der zuletzt für den Schweizer
Nachrichtendienst tätig war und nun für die Abteilung Leib und Leben der Thurgauer Kantonspolizei im Einsatz ist.


PERLMANN:
So ’ne Art James Bond für Arme.

Natürlich ist der inoffizielle Nachfolger von Reto Flückiger (Stefan Gubser), der sich vom Gastkommissar in Bodensee-Tatorten wie Der Polizistinnenmörder zum neuen Schweizer Tatort-Kommissar in Luzern gemausert hat, kein Teamplayer – alles andere wäre ja auch neu. Kreiss scheint um die schreckliche Gewöhnlichkeit ihrer Figurenkonstellation zu wissen und verschwendet daher auch kaum mehr als wenige Drehbuchminuten darauf, Lüthi und die Kollegen aus Konstanz giften und rangeln zu lassen.

Stattdessen eröffnet sie mit der Entführung von Klara Blum, die in bester Odenthal-Tradition künstliche Spannung schüren soll, einen zwar angemessen ausgearbeiteten, für die Suche nach dem geheimnisvollen Nachtkrapp aber leider völlig überflüssigen Nebenkriegsschauplatz, der Perlmann, Lüthi und – sie ist zurück – Annika „Beckchen“ Beck (Justine Hauer) bei der Suche ihrer Kollegin ein wenig zusammenschweißt.

Retten tut den 845. Tatort letztlich eine glänzende Leistung der hollywooderprobten Eva Mattes, deren gebeutelte Hauptkommissarin ungewohnt lautstark auftritt, schreit, in Tränen ausbricht und in den Gesprächen mit ihrem pädophilen Entführer Holger Nussbaum (Hansa Czypionka, Inflagranti) zu Hochform aufläuft.

Dass Nussbaum nicht der Täter ist, offenbart sich leider schon lange vor dem Kidnapping – dann nämlich bleibt die Kamera von Ralf Nowak einen fatalen Moment zu lang auf dem Gesicht des wahren Täters.

Bewertung: 4/10


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