Folge: 871 | 21. April 2013 | Sender: WDR | Regie: Christoph Schnee
Bild: WDR/Martin Menke |
So war der Tatort:
Natürlich weit weniger traut, als es der Krimititel nahelegt.
Denn wenn der Tatort Trautes Heim heißt, dann ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass sich in der Rheinmetropole zwischenmenschliche Abgründe auftun und in den vier Wänden von Familie Sasse/Schäfer, die nach einer müde inszenierten Auftaktentführung um ihren achtjährigen Sohn Lukas (Nick Schuck) zittern muss, natürlich überhaupt nichts stimmt.
Bereits der vorherige Kölner Tatort Scheinwelten, der die Ehekrise von Staatsanwalt Wolfgang von Prinz (Christian Tasche) illustrierte, entpuppte sich eher als Drama denn als typischer Sonntagskrimi – und auch diesmal setzt das federführende Autorentrio um Roland Heep, Benjamin Hessler und Frank Koopmann weniger kriminalistische, als vielmehr emotionale Schwerpunkte.
Damit die Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär), bekanntlich für die Mordkommission im Einsatz, überhaupt auf den Entführungsfall angesetzt werden, bedient sich das Drehbuch eines einfachen Kniffs: Der maskierte Kindesentführer ist praktischerweise zugleich ein Mörder, weil er auf der Flucht vom Tatort einen Motorradfahrer über den Haufen fährt.
Auch dieses Motiv ist nicht neu: Gut ein Jahr ist es her, dass Ballauf und Schenk in Keine Polizei ebenfalls einen Entführungsfall mit Auftaktleiche aufklären mussten. Innovation in der Domstadt? Fehlanzeige.
Trautes Heim steht exemplarisch dafür, warum der Kölner Tatort seit Jahren schwächelt: Die Figuren harmonieren zwar nach wie vor prächtig, entwickeln sich aber kaum noch weiter. Vieles wirkt festgefahren, und wirklich gute Drehbücher gab es zuletzt – man denke an frühere Hochkaräter wie Willkommen in Köln, Manila oder Odins Rache – viel zu selten.
Auch dem am Reißbrett entworfenen 871. Tatort fehlt es an Mut zu Neuem und unverbrauchten Ideen, so dass das bemerkenswerte, wenn auch nicht wirklich glaubwürdige Doppelleben von Familienvater Roman Sasse (Barnaby Metschurat, Dinge, die noch zu tun sind) und die Alibi-Agentur, die ihm seit neun Jahren lückenlos den Rücken frei hält, der einzige halbwegs erfrischende Einfall bleibt.
Die mehr (Sandra Borgmann, Fette Krieger) oder weniger (Lasse Myhr, Macht und Ohnmacht) gut aufgelegten Nebendarsteller, gestraft mit hölzernen Dialogzeilen, schluchzen und schreien zwar um die Wette, erdrücken das Publikum aber mit plakativem Spiel, statt zu einer bedrückenden Atmosphäre beizutragen.
Ein paar düstere, langatmige Szenen mit dem entführten Steppke, die verpatzte Geldübergabe zu Füßen des Kölner Doms und nicht zuletzt Franziskas nervtötende Männerprobleme, die auf Biegen und Brechen noch im Plot untergebracht werden wollen: Nichts, was man im Tatort nicht schon deutlich besser gesehen hätte.
Dass Tessa Mittelstaedt nach vierzehn Jahren genug von ihrer kaffeekochenden Sidekick-Rolle hat und im nächsten Kölner Tatort Franziska ihren Abschied feiert, lässt sich daher leicht nachvollziehen. Immerhin: Der WDR beschert ihr nicht nur einen würdigen Abgang, sondern findet mit Tobias Reisser (Patrick Abozen) auch einen Nachfolger, der endlich frischen Wind in das spürbar angestaubte Figurenkonstrukt bringt.
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