Folge: 883 | 20. Oktober 2013 | Sender: WDR | Regie: Lars Jessen
Bild: WDR/Willi Weber |
So war der Tatort:
Fast vollkommen witzlos – und damit als Tatort-Folge aus Münster ziemlich bemerkenswert.
Ob es am knapp ein Jahr zurückliegenden, von Fans und Kritikern gleichermaßen abgelehnten Klamaukfeuerwerk Das Wunder von Wolbeck gelegen hat, dass der WDR eine Kurskorrektur hin zu mehr Ernsthaftigkeit vorgenommen hat? Oder war er es einfach mal Zeit für einen nachdenklichen Moment?
Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) geben sich bei ihrem 24. gemeinsamen Fall jedenfalls so witzlos wie nie – was nicht zuletzt daran liegt, dass der Professor selbst ins Visier der Ermittlungen gerät und zum Beispiel die obligatorischen Witzeleien über Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) am Sektionstisch ausfallen. Nach einem Techtelmechtel im Anschluss an eine Vernissage wird die chinesische Künstlerin Songma (Huichi Chiu) ermordet in der Rechtsmedizin aufgefunden – und neben der Leiche liegt der Professor, vollgepumpt mit Drogen und ohne Erinnerungsvermögen an die letzte Nacht.
Für Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) scheint der Fall klar, für Thiel natürlich nicht, und so darf mal wieder fleißig gegen den eigenen Kollegen ermittelt werden: Das gleiche Schicksal blühte zuletzt unter anderem dem Münchener Kommissar Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in Der traurige König und dem Kölner Ermittler Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) in Klassentreffen. Wenn Krimi-Autoren – hier: Orkun Ertener (Väter) – die Ideen ausgehen, involvieren sie eben gern mal die Ermittler selbst in die Straftat. Zumindest wird nicht schon wieder Lena Odenthal verschleppt (vgl. Der kalte Tod, Hauch des Todes oder Der Wald steht schwarz und schweiget).
Die Gags in Die chinesische Prinzessin lassen sich an einer Hand abzählen: Keine Witze über Alberich, keine rauchende Staatsanwältin, kein kiffender Herbert „Vattern“ Thiel (Claus Dieter Clausnitzer), aber leider auch kein Aha-Erlebnis nach dem einleitenden Rotwein-Abend von Thiel und Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter): Mit dem Glauben, seine hübsche Assistentin tatsächlich in die Horizontale gebeten zu haben, steht der Kommissar ziemlich alleine da – der Zuschauer ahnt sofort, dass Nadeshda allenfalls auf der Thielschen Couch geschlafen hat. So verpufft dieser Drehbuchkniff wirkungslos und Nadeshdas unüberlegtes Auslachen des ewigen Junggesellen wird durch flapsige Sprüche und versöhnliche Worte zusätzlich weichgespült.
Ansonsten ist die ernsthafte Grundausrichtung des Krimis zwar interessant, aber nicht vollends überzeugend: Wenn sich der am Ende (natürlich) entlastete Boerne bei seiner gerührten Helferin bedankt und sie nicht spöttisch mit „Alberich“, sondern mit „Frau Haller“ anspricht, ist das zwar ein denkwürdiger Münsteraner Moment, entscheidend aufwerten tut er den 883. Tatort aber nicht.
Denn die Geschichte, in der es vor gewohnt unsympathischen BKA-Störenfrieden, tätowierten Mafiamitgliedern und chinesischen Regimekritikern nur so wimmelt, fällt nicht nur reichlich konfus, sondern auch eine Nummer zu groß und international aus. Da kann der diesmal politisch auffallend inkorrekte Hauptkommissar, der den tatverdächtigen chinesischen Diplomaten Wang Yijaian (Maverick Quek) grundlos als „Frühlingsrolle“ beschimpft, noch so oft darüber witzeln, dass der Geheimdienst ausgerechnet auf die beschauliche Studentenstadt ein Auge geworfen haben soll.
THIEL:Ping-Pang-Pung, Tsching-Tschang-Tschung, Sie wissen schon!
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