Folge: 917 | 21. September 2014 | Sender: WDR | Regie: Thomas Jauch
Bild: WDR/Filmpool Filmproduktion/Wolfgang Ennenbach |
So war der Tatort:
Krankenhausreif.
Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) ist aber bei weitem nicht der erste Tatort-Ermittler, der in einer Klinik landet: Sein Schicksal teilten zuletzt unter anderem sein Wiener Kollege Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) in Angezählt oder der Hamburger Jung‘ Yalcin Gümer (Fahri Yardim) in Willkommen in Hamburg. Der Unterschied: Boerne wird in Mord ist die beste Medizin nicht beim Einsatz an vorderster Front verletzt, sondern liefert sich – wie es sich für einen Mediziner seines Formats gehört – selbst zur Überprüfung seiner Leberwerte in die Sanusklinik in Münster ein.
Dort lässt er erwartungsgemäß den verwöhnten Privatpatienten raushängen und nutzt den Aufenthalt für Ermittlungen in einem Mordfall – eine Ausgangslage, wie gemalt für einen humorvollen Tatort aus Münster, doch Drehbuchautorin Dorothee Schön (Bitteres Brot), die zum 17. Mal ein Skript zur Krimireihe beisteuert, und Regisseur Thomas Jauch (Sonne und Sturm), der seinen 18. Tatort inszeniert, liefern unter dem Strich keinen überzeugenden Film ab. Der Krimititel Mord ist die beste Medizin ist nämlich noch das originellste – sieht man von der ersten Viertelstunde ab, setzen die Filmemacher den Großteil der üppig in die Breite gefeuerten Pointen in den Sand.
Zu gestellt wirkt Boernes Anecken bei den Medizinern, zu aufgesetzt die Sorge um die eigene Gesundheit, und auch seine Zimmernachbarn mausern sich nicht zu Publikumslieblingen: Während Chemo-Patient Ulrich Göbel (Schwindelfrei) in jeder freien Sekunde penetrante Volksmusik aufdreht und damit auch so manchem Zuschauer auf den Senkel gehen dürfte, versucht sein ewig kopfhörertragender Nachfolger (Serhat Cokgezen) mit einem besonders einfallsreichen Künstlernamen zu punkten: Bischudo.
Wer über platte Wortspiele wie diese schmunzeln kann, findet am 917. Tatort sicher Gefallen. Kaum zu bestreiten ist aber, dass Thiel, Boerne & Co. vom Niveau vergangener Tage – man denke an tolle Folgen wie Der dunkle Fleck oder Der doppelte Lott – mittlerweile meilenweit entfernt sind. Viele Gags gehen ins Leere und Spannung ist beim 27. Einsatz des populären Duos kaum vorhanden. Selbst beim zunächst vielversprechend anmutenden Showdown, in dem die furchtbar neunmalkluge Mia (Lena Meyer) den Täter in eine Falle locken soll, driftet die Sequenz beim Einsatz einer Bratpfanne als Nahkampfwaffe in den Slapstick ab.
Mord ist die beste Medizin versprüht von Minute 1 bis 90 seichtes Vorabendfeeling: Von 19-Uhr-Formaten wie Großstadtrevier oder Heiter bis tödlich hebt sich die Krimikömödie in Sachen Tiefgang kaum ab. Da passt es ins Stimmungsbild, dass Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter, in Heiter bis tödlich: Hauptstadtrevier als Hauptkommissarin Julia Klug zu sehen) Mias alleinerziehenden Vater in einem halbherzigen ausgearbeiteten Nebenstrang zum Essen datet und damit für traurige Blicke beim geschiedenen Dauer-Single Thiel sorgt.
Auch die Auftritte der Nebenfiguren zeugen nicht von Einfallsreichtum: Während Alt-Hippie Herbert „Vaddern“ Thiel (Claus Dieter Clausnitzer) einmal mehr auf seine
Vorliebe für Marihuana reduziert wird, muss sich die kettenrauchende
Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) diesmal Sprüche wegen ihrer maskulinen Stimme anhören. Originell ist das
alles nicht – dabei haben gerade die amüsanten Überraschungsmomente den Tatort aus Westfalen einst
ausgezeichnet.
Der Charme der Figuren allein trägt die Krimikomödien aus Münster aber schon lange nicht mehr – und wenn das Drehbuch schwächelt, dann tut es somit der ganze
Film. Da rettet das halbe Dutzend gelungener One-Liner am Ende wenig.
BOERNE:Nicht nur
Proktologen kennen sich mit Arschlöchern aus.
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