Folge: 936 | 15. Februar 2015 | Sender: MDR | Regie: Stefan Kornatz
Bild: MDR/Steffen Junghans |
So war der Tatort:
Wiederholt – denn wer Blutschuld am 15. Februar 2015 schaut, sieht zwar eigentlich eine Erstausstrahlung, doch häufen sich innerhalb der 90 Minuten die Déjà-vus.
Das gilt vor allem für die Besetzung: Neben Natalia Rudziewicz, die zuletzt im vielgelobten Dortmunder Tatort Hydra mitspielte, ist auch Uwe Bohm schon wieder mit von der Partie, der erst eine Woche vor der TV-Premiere der 936. Tatort-Ausgabe einen Hauptverdächtigen in der Bodensee-Folge Château Mort mimte. Doch nicht nur die Nebendarsteller sind alte Bekannte – einige Szenen wiederholen sich immer und immer wieder.
Man könnte eine Strichliste zu führen, wie oft die Leipziger Hauptkommissare Andreas Keppler (Martin Wuttke) und Eva Saalfeld (Simone Thomalla) bei ihrem vorletzten Einsatz gefragt werden, ob sie die Bedeutung eines bestimmten Ausdrucks kennen, oder wie oft Saalfeld von der jungen Sofie Kosen (Natalia Rudziewicz), der Tochter des ermorderten Abfallunternehmers Harald Kosen (Bernhard Schütz, Feuerteufel), Komplimente um ihre Schmolllippen geschmiert bekommt („Dass Sie das fragen… ist wahrscheinlich ihr Spürsinn!“). Zuschauer mit Adleraugen (oder großer Langeweile) können außerdem zählen, wie oft die Requisite zu dekorativen Zwecken auf die japanische Winkekatze Maneki-neko setzt – auf jeden Fall häufiger, als man es in deutschen Durchschnittswohnzimmern vermuten sollte.
Blutschuld, der wie Château Mort mit einer Rückblende beginnt, funktioniert zwar allein schon aufgrund seines verräterischen Titels weniger gut als Krimi zum Miträtseln, dafür aber als emotional aufgeladenes Familiendrama: Die häufigen Handgreiflichkeiten und Streitgespräche unter den Verdächtigen wirken jedenfalls deutlich weniger aufgesetzt als bei Keppler und Saalfeld.
SAALFELD:
Was biste denn so gereizt?
KEPPLER:Du gehst von einem anderen Motiv aus als ich. Das kenn‘ ich gar nicht von dir.
SAALFELD:
Stört dich das?
KEPPLER:Nein, natürlich nicht. Verwirrt mich nur.
Trotz der vielen repetitiven Momente ist Blutschuld eine der besseren Tatort-Folgen aus Leipzig – und das kommt nicht von ungefähr.
Regisseur und Drehbuchautor Stefan Kornatz (Mord auf Langeoog) hat sich Bestseller-Autor und Ex-Profiler Axel Petermann als Berater mit ins Boot geholt, dessen Geschichten bereits als Vorlagen für starke Frankfurter Tatort-Folgen wie Der Tote im Nachtzug dienten. Kornatz arrangiert einen atmosphärisch dichten
und für Leipziger Verhältnisse überraschend brutalen Fall, bei dem die Auftaktleiche nicht die einzige bleibt.
Zum Fremdschämen lädt diesmal nur der bizarre Mädelsabend ein, bei dem Saalfeld mit Kosen-Tochter Sofie die Korken knallen lässt und ihr mit simpelster Verhörtechnik Dinge entlockt, die sie über Jahre hinweg selbst vor ihrem Ehemann Frank Bachmann (Alexander Khuon) geheim hielt.
Dass der ausgerechnet in der Firma ihres getöteten Vaters arbeitet und eine spezielle Beziehung zum Arbeitslos-Alki Christian Scheidt (Uwe Bohm) pflegt, passt ins konstruierte Gesamtbild: Irgendwie scheinen alle Verdächtigen, insbesondere Patrick (Tino Hillebrand, Rosenholz), der Sohn des getöteten Unternehmers, ein enges Verhältnis zu allen anderen Verdächtigen zu pflegen.
Wer eins und eins zusammen zählen kann und die überdeutlich platzierten Hinweise nicht übersieht, wird sich die Auflösung schnell zusammenreimen. Am Ende ist es daher weniger dem mäßig originellen Drehbuch als vielmehr dem überzeugenden Spiel der Nebendarsteller um den einmal mehr glänzend aufgelegten Uwe Bohm zu verdanken, dass sich der Tatort aus Leipzig zum ersten Mal seit Dezember 2012 wieder im Mittelfeld platziert.
Der MDR beschert Keppler und Saalfeld dann zumindest bei ihrem letzten Einsatz in Niedere Instinkte endlich noch einen wirklich guten Fall – dem erst zweiten nach Schwarzer Peter.
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