Folge: 934 | 1. Februar 2015 | Sender: WDR | Regie: Andreas Kleinert
Bild: WDR/Colonia Media GmbH/Martin Valentin Menke |
So war der Tatort:
Freddyfixiert.
In den letzten Jahren war es still geworden um das Familienleben von Freddy Schenk (Dietmar Bär) – doch wer glaubt, der zweifache Vater und einfache Großvater sei rundum glücklich verheiratet, darf angesichts seiner unerwarteten Flirtoffensive in Freddy tanzt berechtigte Zweifel anmelden.
Längere Beziehungen sind im Tatort selten (zuletzt erwischte es den Stuttgarter Bootz in Spiel auf Zeit und die Dortmunder Kossik und Dalay in Auf ewig Dein), und Schenk kann sich glücklich schätzen, dass zumindest Partner Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) um seine Ehe besorgt ist. Der nordert den flirtenden Kollegen nämlich immer wieder engagiert ein, wenn dieser der Kunstprofessorin Claudia Denk (Ursina Lardi, Frühstück für immer) unbeholfen Komplimente macht und seine Ehefrau spontan für stundenlanges Babysitten versetzt.
Die attraktive Hobby-Malerin Denk zählt als Bewohnerin eines Kölner Mietshauses, in dem der
obdachlose Ex-Musiker Daniel Gerber (Matthias Reichwald) offenbar
verblutet ist, zwar zu den Hauptverdächtigen, doch Regisseur Andreas
Kleinert (Borowski und der Engel) und Drehbuchautor Jürgen Werner (Franziska) vermögen dieser Ausgangslage kaum Spannung abzugewinnen. Im Gegenteil, vieles wirkt konstruiert: Denk ist ausgerechnet in der
Bar verabredet, in der das Opfer in einen Streit gerät, und Gerbers
Mutter Marita (Lina Wendel, Blutschuld) wohnt rein zufällig seit siebzehn Jahren im
selben Haus wie Ballauf.
Es passt ins Bild, dass auf dem Polizeipräsidium das Koffein ausgeht und die Kommissare mürrisch die Abstinenz
des designierten neuen Assistenten Tobias Reisser (Patrick Abozen, Der Fall Reinhardt)
beklagen: Der 934. Tatort kommt einfach nicht in Fahrt.
Die Filmemacher entscheiden sich für eine ruhige, fast gemächliche Gangart, und auch die Spielereien von Kameramann Johann Feindt (Fette Hunde) vermögen den 62. gemeinsamen Einsatz der Kölner Hauptkommissare kaum aufzupeppen. Freddy tanzt ist eher eine melancholische Großstadtballade als ein
fesselnder Krimi, und doch wirkt die titelgebende Tanzflächenszene, in der sich Schenk bei einem Clubbesuch der Musik hingibt, irgendwie befremdlich.
Nicht von ungefähr hat der Film seine stärksten Momente dann, wenn sich alle Beteiligten auf das konzentrieren, was die Krimireihe ausmacht, und der Zuschauer miträtseln darf, welcher der unter Generalverdacht stehenden Hausbewohner wohl Dreck am Stecken hat: Neben Denk geraten auch die zurückgezogen lebende Katja Petersen (Anna Stieblich, Im Sog des Bösen) und Eishockeytrainer Günther Baumgart
(Robert Gallinowski, Wegwerfmädchen) ins Visier der Ermittler – schade, dass die entscheidenden Hinweise zur Auflösung am Ende viel zu abrupt aus dem Hut gezaubert werden.
Immerhin: Mit dem Mietshaus entsteht mitten in Köln ein reizvoller Mikrokosmos, der an Agatha Christie-Romane wie Mord im Orient-Express erinnert – dass die drei klischeebeladenen Jungbanker um Bilderbuchschnösel Tobias Krenz (Volkram Zschiesche, „Live fast, love hard, die young!“) das Opfer zwar verprügelt, aber nicht umgebracht haben, ist früh offensichtlich. Was einmal mehr stört, ist allerdings der Rundumschlag mit der Betroffenheitskeule: In einer Notsituation blicken in Köln mal wieder alle weg, statt beherzt einzugreifen, was Moralapostel Ballauf einmal mehr zu einem Plädoyer für mehr Zivilcourage veranlasst.
Ganz so schlimm wie im überschätzten Tatort Ohnmacht ist das Ergebnis nicht, doch steht unter dem Strich ein nur bedingt mitreißender Krimi, bei dem die Filmemacher kaum mehr als Dienst nach Vorschrift verrichten. Amüsant ist allerdings die Loriot-Hommage mit Ursula (Gudrun Ritter, Todesbilder) und Martin Koschwitz
(Theo Pfeifer) – man hätte dem
kauzigen Esoterik-Ehepaar noch mehr Szenen gewünscht.
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