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Die Wiederkehr

Folge: 939 | 15. März 2015 | Sender: Radio Bremen | Regie: Florian Baxmeyer

Bild: Radio Bremen/Jörg Landsberg

So war der Tatort:

Rückwärtsgerichtet.

Denn zum wiederholten Male binnen weniger Wochen geht der Blick der Filmemacher zurück in die Vergangenheit: Die badische Revolution im Bodensee-Tatort Château Mort, Rückblenden ins Jahr des Prager Frühlings im Wiener Tatort Grenzfall, und auch in Blutschuld aus Leipzig prägte ein Jahre zurückliegendes Verbrechen das Geschehen im Hier und Jetzt entscheidend.

So ist es nun auch in Die Wiederkehr, bei dem Regisseur Florian Baxmeyer (Alle meine Jungs)  zum zehnten Mal für den Fadenkreuzkrimi aus Bremen am Ruder sitzt: Die Drehbuchautoren Stefanie Veith und Matthias Tuchmann, die auch an den Tatort-Meilensteinen Kein Entkommen und Weil sie böse sind mitschrieben, schlagen den Bogen ins Jahr 2005, in dem die Bremer Hauptkommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) ein verschwundenes Mädchen nicht finden konnten und sich ihr unter Mordverdacht stehender Vater in der U-Haft das Leben nahm.

Zehn Jahre später steht die verschollene Fiona Althoff (Gro Swantje Kohlhof, Rebecca) aber plötzlich auf der Türschwelle zu ihrem Elternhaus: Silke Althoff (Gabriela Maria Schmeide) und ihr Sohn Jan (Levin Liam, mimt später den Sohn von Hauptkommissar Falke im Tatort aus Hamburg) staunen nicht schlecht, und auch Adoptivtochter Kathrin (Amelie Kiefer) scheint ihre Schwester kaum wiederzuerkennen. Haben die Ermittler damals versagt oder ist das Mädchen vielleicht gar nicht Fiona?

Veith und Tuchmann konzipieren ein reizvolles Spiel aus Lügen und doppelten Böden, bei dem das Publikum mit mehreren Twists gekonnt in die Irre geführt wird. Und weil der 31. Fall für Inga Lürsen zugleich noch großartig besetzt ist, kommt am Ende ein kraftvolles und mitreißendes Krimidrama dabei heraus. Nach dem elektrisierenden Clan-Thriller Brüder, bei dem ebenfalls Florian Baxmeyer Regie führte, folgt hier das nächste Highlight aus Bremen – und das liegt nicht zuletzt an den bärenstark aufspielenden Nebendarstellerinnen.

Während Jungschauspielerin Gro Swantje Kohlhof ihre vielschichtige Rolle als pinkhaarige Göre
bravourös meistert und den verdutzen Stedefreund schon beim ersten Verhör an seine Grenzen bringt („Hast du jetzt’n Steifen?“), brilliert Gabriela Maria Schmeide (Borowski und die einsamen Herzen) als undurchsichtiges, verbittertes Familienoberhaupt, dem
nach dem Verlust von Ehemann und Tochter nur noch wenig Lebensfreude
geblieben ist.

Schon bei der ersten Begegnung von Mutter und Tochter beginnt man zu
ahnen, dass im Hause Althoff irgendetwas nicht stimmt: Während die verlotterte Fiona nicht etwa ihre energische Mutter, sondern zuerst ihren schüchternen Bruder in die Arme schließt,
scheint Mutter Silke ihren totgeglaubten Sprössling gar nicht
zu erkennen. Prüfende Blicke, vorsichtiges Beschnuppern
und skeptisches Betasten der Haare – warum nur diese Skepsis?


Die Wiederkehr ist eine faszinierende Kreuzung aus Verwirrspiel und Familiendrama, das dem Zuschauer keine Verschnaufpausen gestattet und in dem das Geheimnis um Fionas wahres Schicksal bis in die Schlussminuten gekonnt verschleiert wird. Frei von Logiklöchern (Wo zum
Beispiel sind die zwei Dutzend Fotografen, als Wiederkehrerin Fiona zum ersten
Mal das Haus verlässt?) ist das gelegentlich etwas konstruiert wirkende Krimidrama zwar nicht,
aber unterhaltsam und spannend ist es zu jedem Zeitpunkt. Spätestens als Revolverheld Klaas (Tilman Strauß) in die Bremer Stadtrandidylle einbricht und seiner ehemaligen Weggefährtin das Leben schwer macht, kommt richtig Betrieb in den Krimi.

Lürsen und Stedefreund stochern bei der Suche nach der Auflösung lange im Nebel – und mit
ihnen der Zuschauer, der Zeuge eines buchstäblich atemberaubenden
Finales und einer richtig starken Bremer Tatort-Folge wird.

Bewertung: 8/10


Kommentare

2 Antworten zu „Die Wiederkehr“

  1. Ein sehr ergreifender Film mit hervorragenden Darstellern und Darstellerinnen! Höchst sehenswert.
    Nur eine Sache verstehe ich nicht (selbst nach mehrmaligem Überdenken erscheint es mir sehr unlogisch): Warum ist der DNA-Test positiv? Das kann doch nicht sein, oder? Schließlich wird die DNA von der falschen "Fiona" verglichen mit der von der Stiefschwester Kathrin, da diese DNA Jahre zuvor hinterlegt worden war. Diese DNA-Proben können nicht identisch sein. Dies wird jedoch im Film behauptet. Oder liege ich falsch?
    Kann mir da bitte jemand helfen? Wenn ich keinen Denkfehler gemacht habe, ist das nämlich schon ein großer Logikfehler. Vielen Dank im Voraus!

    1. Avatar von Anonym

      Lürsen drückt der Mutter das DNA-Röhrchen in die Hand und verlässt dann die Küche, in der Mutter Silke eine Weile allein ist. Wie man in einer späteren Szene sieht, hat sie in einem Küchenschuber noch mehr solcher DNA-Proben-Röhrchen, die allesamt mit der DNA von Kathrin sind. Sie hat sozusagen vorgesorgt und das Röhrchen in einem unbeobachteten Moment ausgetauscht.

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