Folge: 943 | 12. April 2015 | Sender: BR | Regie: Max Färberböck
Bild: BR/Felix Cramer |
So war der Tatort:
Fränkisch.
Und doch nicht ganz so fränkisch, wie es angesichts der Ankündigungen und umfangreichen PR-Maßnahmen des Bayerischen Rundfunks zu erwarten war: Sogar einen eigenen Blog richtete der Sender für den Franken-Tatort ein, berichtete über Monate hinweg von der Produktion und ließ damit vor allem die Erwartungen der fränkischen Zuschauer ins Unermessliche steigen.
Herausgekommen ist mit Der Himmel ist ein Platz auf Erden am Ende aber ein Krimi, in dem das fränkische Lokalkolorit schmückendes Beiwerk bleibt: Anders als beispielsweise die Stadt München in Das Glockenbachgeheimnis nimmt Nürnberg keinen direkten Einfluss auf die Handlung – der 943. Tatort könnte auch in jeder anderen deutschen Stadt spielen. Und die aus Itzehoe und Guben stammenden Hauptkommissare Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Menzel), die bei den Ermittlungen den Hut aufhaben, sprechen lupenreines Hochdeutsch – der fränkische Zungenschlag bleibt den Kommissaren Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) und Sebastian Fleischer
(Andreas Leopold Schadt) sowie Forensik-Leiter Michael Schatz (Matthias
Egersdörfer) vorbehalten, die deutlich seltener gefragt sind.
Das neue Ermittlerteam erweist sich als bodenständig: Die Drehbuchautoren Max Färberböck und Catharina Schuchmann, die zuletzt gemeinsam den Münchner Meilenstein Am Ende des Flurs konzipierten, ersparen dem zugezogenen Nordlicht Voss die Akklimatisierungsprobleme südlich des Weißwurst-Äquators und konzentrieren sich stattdessen auf das Wesentliche: den Kriminalfall. Der Mord an dem Professor Christian Ranstedt (Philippe Brenninkmeyer) führt die Ermittler schon bald zu dessen Kollegin Susanne Köster (Genija Rykova, Alle meine Jungs) – es bleibt die einzige Szene, in der die forsche Ringelhahn ein wenig einfältig wirkt.
KÖSTER:
Wir forschen an der Entwicklung und Perfektionierung von Flugobjekten.
RINGELHAHN:Aha. Also an allem, was fliegt und so.
Dass Voss, Ringelhahn & Co. so angenehm unspektakulär daherkommen, tut nicht nur dem Film, sondern der ganzen Krimireihe gut: Mit den neuen Teams aus Dortmund, Saarbrücken oder Berlin gesellten
sich in den letzten Jahren schon genug sperrige
Charaktere zu den etablierten Kommissaren.
Leider
mangelt es aber nicht nur den Figuren, sondern auch dem Drehbuch an Ecken und Kanten: Der
obligatorischen Auftaktleiche folgen die üblichen Erkenntnisse der
Spurensicherung, altbekannte Verhöre nach dem „Wie gut kannten Sie den
Toten?“-Prinzip und der unvermeidliche Krach mit dem ewig brüllenden Vorgesetzten Dr. Kaiser (Stefan Merki, Der schöne Schein).
Weil Grimme-Preisträger Färberböck, der auch Regie führt, in der spannungsarmen ersten Filmhälfte nur die üblichen Versatzstücke der Krimireihe aneinanderreiht, erleichtern Kaisers Schmipftiraden aber zumindest das Wachbleiben, und nach einer guten Stunde kommt der Franken-Tatort dann sogar richtig auf Touren: Auf der Zielgeraden wandelt sich Der Himmel ist ein Platz auf Erden zum mitreißenden Krimidrama, wenngleich es schade ist, dass Färberböck eine der wichtigsten Nebenfiguren erst nach einer guten Stunde aus dem Hut zaubert und einige andere – zum Beispiel Ranstedts Ehefrau Julia (Jenny Schily, Château Mort) – wieder fallen lässt.
Als Whodunit zum Miträtseln funktioniert der bisweilen etwas anstrengend geschnittene, aber fast kunstvoll inszenierte Film also nur bedingt – doch allein Färberböcks Regie, der starke Soundtrack und die beiden Hauptdarsteller sind das Einschalten wert. Mit dem ersten Franken-Tatort dürften im Übrigen auch die Fans von Gisbert-Engelhardt (in Der tiefe Schlaf ebenfalls gespielt von Hinrichs) ein Stück weit versöhnt sein, der sich nach seinem kultverdächtigen Kurzauftritt viel zu früh aus der Krimireihe verabschiedete – wenngleich Hinrichs‘ neue Rolle deutlich reservierter ausfällt.
Schreibe einen Kommentar