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Hinter dem Spiegel

Folge: 955 | 13. September 2015 | Sender: HR | Regie: Sebastian Marka

Bild: HR/Degeto/Bettina Müller

So war der Tatort:

Nicht ganz so ausgefallen wie der Vorgänger.

Der zweite Fall von Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) fällt etwas bodenständiger aus als ihr Debüt Kälter als der Tod – und doch ist Hinter dem Spiegel keineswegs schlechter. Waren es beim ersten Einsatz der Frankfurter Hauptkommissare noch die herausragende Inszenierung und die ungewöhnliche Erzähltechnik, bei der die Ermittler in bester Will Graham-Manier mitten in das Geschehen der Vergangenheit versetzt wurden, so ist es diesmal das mit vielen originellen Einfällen gespickte Drehbuch, das Sebastian Markas zweiten Tatort so besonders und sehenswert macht.

Markas erster Tatort Das Haus am Ende der Straße wurde von Kritikern und Publikum gefeiert – Hinter dem Spiegel bleibt zwar etwas hinter dem hochspannenden Abschiedsfall für Hauptkommissar Frank Steier (Joachim Król) zurück, wartet aber mit schrägen Überraschungen auf und spielt mit zahlreichen ungeschriebenen Gesetzen der Krimireihe. So knüpft zum Beispiel der Auftakt – durchaus ungewöhnlich für einen Tatort – direkt an Kälter als der Tod an: Brix muss sich für die Schüsse auf Kindermädchen Miranda Kador (Emily Cox) verantworten und wird zum Innendienst verdonnert.

Antriebsfeder der Geschichte ist aber nicht dieser einleitende Vorfall oder der erhängte Lobbyist, den Janneke kurz darauf in einer Wohnung findet, sondern ein tragisch endender Einsatz aus Brix‘ Zeiten bei der „Sitte“: Ähnlich wie im Berliner Tatort Das Muli, in dem die Filmemacher einen parallel laufenden Handlungsstrang zur Vorgeschichte von Hauptkommissar Robert Karow (Mark Waschke) eröffnen, schlägt Drehbuchautor Erol Yesilkaya (Alle meine Jungs) den Bogen in die Vergangenheit, der sich Brix in Form seines ehemaligen Kollegen Simon Finger (Dominique Horwitz, Der irre Iwan) stellen muss.

Was den 955. Tatort zu einem so reizvollen Krimithriller macht, ist der unterschiedliche Wissensstand aller Beteiligten: Für den Zuschauer ist die schlagfertige Porsche-Fahrerin und Hobby-Fotografin Janneke (Anspielung auf Mark Romaneks Thriller One Hour Photo
inklusive) die Identifikationsfigur, weil unklar ist,
wieviel Dreck Brix wirklich am Stecken hat.

Kurz nachdem Finger ihn um Hilfe bittet, wird er auch schon von seinem Schwager und Chef Wolfgang Preiss (Justus von Dohnányi, Eine bessere Welt) erschossen. Die Kommissare ahnen nichts – der Zuschauer hingegen ist live dabei. Brix wiederum weiß im Gegensatz zu Publikum und Janneke um seine Vergangenheit, während Dezernatsleiter Henning Riefenstahl (Roeland Wiesnekker) ein anderes Geheimnis hütet. Und Preiss ahnt nicht, dass Janneke und Brix mit dem spielsüchtigen Patty Schneider (Henning Peker, Waidmanns Heil) ein faules Ei in den Korb gelegt haben.

Der ständige Konflikt zwischen Vertrauen, Pflichtbewusstsein und
Loyalität prägt das Handeln aller Beteiligten, und dabei verwischen zunehmend die Grenzen zwischen Recht und Unrecht. Dieses prickelnde Katz-und-Maus-Spiel gerät im Mittelteil aber etwas unübersichtlich: Brix, Janneke und Riefenstahl fassen die Ermittlungen zwar in einem zweiminütigen
Ergebnissprint zusammen, dürften damit bei vielen Zuschauern aber noch
größere Verwirrung stiften. Erst ganz am Ende fügen
sich die Puzzlestücke zusammen.

Ein paar Minuten mehr Laufzeit hätten
dem Krimi auch gut getan – insbesondere die Hintergründe zum Geldwäsche-Projekt der involvierten Russenmafia um Elena Yusow (Anja Schneider, Ätzend) und Auftragskiller Mischa Grinko (eiskalt: Anton Pampushnyy) werden im
Schnellverfahren abgehandelt.

Das Leitmotiv hingegen zieht sich wie ein roter Faden durch den Film: Beginnend beim
visuell herausragenden Vorspann, bei dem die typischen Stimmungsbilder
der Tatort-Stadt durch eine symmetrische Spiegelung in der Bildmitte
entfremdet werden, halten die Filmemacher allen Charakteren den Spiegel vor
und schaffen damit eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung der
Frankfurter Figuren.

Bewertung: 7/10


Kommentare

Eine Antwort zu „Hinter dem Spiegel“

  1. Jungs, das heißt nicht mucho, sondern 'muchos' (PLURAL !) cojones … IGNORANTEN !!!! Wenn ihr euch schon einer fremden Sprache bedient, dann wenigstens richtig und nicht so Stümperhaft …. auch dafür braucht man cojones, und zwar nicht muchos, sondern 'cojones bien grandes' …. COJUDOS 😉

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