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Côte d’Azur

Folge: 960 | 1. November 2015 | Sender: SWR | Regie: Ed Herzog

Bild: SWR/Johannes Krieg

So war der Tatort:

Vorgezogen.

Denn eigentlich sollte Côte d’Azur nicht am 1. November, sondern erst Mitte Dezember 2015 laufen – und der kurzfristige Termintausch mit dem Kölner Tatort Benutzt ist für den weihnachtlich angehauchten Sozialkrimi aus Konstanz alles andere als von Vorteil.

Im bunt geschmückten Präsidium kann noch so munter der Adventskranz angezündet oder am Ende unterm Tannenbaum „O du fröhliche“ gesungen werden – mitten im Herbst kommt einfach keine Weihnachtsstimmung auf. Geschenkeorgien und Weihnachtsmänner wirken zu diesem vergleichsweise frühen Zeitpunkt des Jahres fehl am Platz – ganz anders als im Saarbrücker Tatort Weihnachtsgeld, der 2014 ganz im Zeichen seines Sendetermins stand.


Côte d’Azur ist der drittletzte Fall für Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel), die Ende 2014 vom SWR ihr Kündigungsschreiben erhielten, und wirklich schwer machen die beiden einem dem Abschied nicht: Wie schon der durchwachsene Rotweinkrimi und Vorgänger Château Mort ist auch ihr 25. gemeinsamer Einsatz ein alles andere als aufregender Tatort ohne nennenswerte Überraschungsmomente und originelle Nebenfiguren.

Drehbuchautor Wolfgang Stauch und Regisseur Ed Herzog, die zuletzt Die schöne Mona ist tot zusammen konzipierten, arrangieren eine Whodunit-Konstruktion nach altbekanntem Tatort-Muster, die aber zumindest mit einer kniffligen Auflösung aufwartet: Bis in die Schlussminuten bleibt unklar, wer die junge Mutter Vanessa Koch (Mandy Rudski) brutal erschlagen und ihr Baby bei eisiger Kälte im Schilf am Winterer Steig zurückgelassen hat. Passend zu den frostigen Temperaturen ist auch die Stimmung zwischen den Kommissaren, die seit Perlmanns Debüt in Bitteres Brot gemeinsam im Einsatz sind, so unterkühlt wie nie: Blum kann ihrem Kollegen eine einleitende Fehleinschätzung, die fast zum Kältetod des Säuglings führt, ebenso wenig verzeihen wie er sich selbst.

Doch so sehr man ihren Ärger verstehen kann, so aufgesetzt wirkt die nachtragende Art der sonst so besonnenen Kommissarin, so konstruiert der Konflikt. Erst als sich die mit Abstand nervtötendste Nebenfigur, Kinderarzt Dr. Schwenkner (Barnaby Metschurat, Trautes Heim), dank einiger geschmackloser Bemerkungen zum gemeinsamen Feindbild der beiden mausert, stellt sich wieder Harmonie ein. Bis dahin fliegen die Giftpfeile nur so durchs Büro – ganz zum Leidwesen der fleißigen Assistentin Annika „Beckchen“ Beck (Justine Hauer), die auch in Côte d’Azur nicht über die ewige Rolle als austauschbare Aktenheldin mit bemühtem süddeutschen Zungenschlag hinauskommt.

Am interessantesten gestaltet sich der 960. Tatort dann, wenn sich die Filmemacher Zeit für die wohnungslosen Verdächtigen in der Baracke nehmen, in der das Mordopfer regelmäßig an Saufgelagen teilnahm: Jeder der fünf Bewohner wird mit einer kurzen Vorgeschichte skizziert, alle bringen sie ein Motiv und die Gelegenheit für die Tat mit. Über das Schicksal des inkontinenten und geistig angeschlagenen Ex-Zirkus-Cowboys Bill (stark: Frank Fink) hätte man allerdings gern mehr erfahren – er sorgt für einen rührenden Moment am Kinderkarussell auf dem Weihnachtsmarkt und ist die mit Abstand interessanteste Figur.

Statt sich seiner Vorgeschichte zu widmen, eröffnen die Filmemacher aber einen anstrengenden Nebenkriegsschauplatz um den kalten Entzug der drogensüchtigen Franziska (Friederike Linke, Der Fall Reinhardt), die in einer Zelle Höllenqualen durchlebt und sich dennoch zur plauderfreudigen Informationsquelle mausert. Dieser wenig glaubwürdige Auftritt trieft aber zumindest nicht so vor Klischees wie der des überzeichneten Dieter Bohlen-Verschnitts Jürgen Evers (Das Dorf) oder der des Bilderbuch-Punks Lucky (Kai Malina, Auskreuzung), der Badezimmer-Spray schon mal als Deo zweckentfremdet.

Bewertung: 4/10


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