Folge: 981 | 28. März 2016 | Sender: SWR | Regie: Katrin Gebbe
Bild: SWR/Ziegler Film |
So war der Tatort:
Grün.
Passend zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, bei denen sich die Stadt Freiburg 2016 einmal mehr als Hochburg der Grünen-Wähler entpuppte, wurde auch der mit dem zweifelhaften Label „Event-Tatort“ versehene Fünf Minuten Himmel besonders umweltbewusst und ressourcenschonend produziert und für diesen nachhaltigen Ansatz mit einer Nominierung für den CSR-Preis 2016 belohnt.
Deutlich weniger nachhaltig ist aber die Idee hinter der Produktion: Die Freiburger Hauptkommissarin Ellen Berlinger (Heike Makatsch) soll im Breisgau nur einmalig ermitteln – so wie 2013 die Weimarer Kollegen Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner), denen der MDR nach ihrem überzeugenden Debüt in Die fette Hoppe ein dauerhaftes Engagement für die Krimireihe schmackhaft machte.
Nun sollte man meinen, dass die Filmemacher bei dem als Außer-der-Reihe-Tatort angekündigten Fünf Minuten Himmel das schmückende Beiwerk reduzieren würden, um eine besonders spektakuläre Geschichte erzählen zu können – doch von diesem Ansatz ist im Event-Tatort von Regisseurin Katrin Gebbe nicht das Geringste zu spüren. Berlingers erster Fall fällt alles anderes als außergewöhnlich aus und fühlt sich an wie ein typischer Erstling.
Da müssen im Präsidium natürlich erst einmal die mühsam dialektelnden Kollegen – hier: der argwöhnische Spurensicherungsleiter Frank Hensel (Christian Kuchenbuch, Der Tag des Jägers), der verständnisvolle Chef Volker Gaus (Holger Kunkel, zweimal als Oberstaatsanwalt Blesinger im Stuttgarter Tatort zu sehen) und der unterwürfige Rollstuhlfahrer Hendrik Koch (Max Thommes) – beschnuppert werden.
KOCH:Sie haben ein englisches Kennzeichen? Wow!
Natürlich braucht die neue Kommissarin auch ein Privatleben: Fünfzehn Jahre ist es her, dass Berlinger ihre Tochter Niina (Emilia Bernsdorf) und ihre Mutter Edelgard (Angela Winkler) sitzen ließ und nach London auswanderte – nun ist sie (ja mit englischem Autokennzeichen) zurück in ihrer Heimat und tritt trotz erneuter Schwangerschaft eine Vollzeitstelle an.
Ermittlerinnen in Erwartung eines Kindes – man denke an LKA-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler), die Weimarer Kollegin Kira Dorn (Nora Tschirner) oder die Dortmunder Kommissarin Nora Dalay (Aylin Tezel) – sind in der Krimireihe nichts Besonderes mehr, und auch sonst setzt Drehbuchautor Thomas Wendrich (Borowski und das dunkle Netz) meist auf typische Tatort-Muster: Er konstruiert in Freiburg einen klassischen Whodunit, bei dem es den Mörder eines qualvoll erstickten Jobcenter-Mitarbeiters zu finden gilt.
Die Spannungskurve schlägt dabei aber nur selten nach oben aus, und zur richtigen Auflösung findet der Zuschauer allein schon über den Krimititel: Fünf Minuten Himmel spielt auf das Würgespiel „Five Minutes in Heaven“ an, das auch als Bio-Kiffen oder Passout Game bekannt und zugleich die Lieblingsbeschäftigung der Jugendlichen Titus Kunath (Oskar Bökelmann), Harriett Wiesler (Anna-Lena Klenke, Das verkaufte Lächeln), Melinda Mai (Rosmarie Röse) und Ruth Winterer (Jochanah Mahnke) ist. Wer 1 und 1 zusammenzählt, wird sich von den falschen Fährten im Mittelteil des Krimis – unter Tatverdacht stehen Melindas arbeitslose Mutter Cornelia Mai (stark: Julika Jenkins, Kartenhaus) und ihr skurriler Nachbar Kurani (unfreiwillig komisch: André Benndorff, Schmuggler) – kaum ablenken lassen.
In seiner Gesamtkonstruktion wirkt die Geschichte zudem ziemlich unwahrscheinlich: Der Sohn des Mordopfers ist zufälligerweise gut mit der Tochter der Hauptverdächtigen befreundet, und in deren Clique – in der realitätsfernes Sprücheklopfen („Ich mach die sowas von Matsche!“) an der Tagesordnung ist – verkehrt ausgerechnet die Tochter der Kommisarin. So bleibt unter dem Strich ein enttäuschender und bemüht zusammengeschusterter Krimi, der das Prädikat „Event-Tatort“ zu jedem Zeitpunkt schuldig bleibt.
Eine einmalige Sache wird im Übrigen auch er nicht bleiben: Bei ihrem zweiten, ähnlich enttäuschenden Tatort-Auftritt ermittelt Berlinger allerdings in Mainz (vgl. Zeit der Frösche).
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