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Am Ende geht man nackt

Folge: 1018 | 9. April 2017 | Sender: BR | Regie: Markus Imboden

Bild: BR/Rat Pack Filmproduktion GmbH/Bernd Schuller

So war der Tatort:

Pseudotschetschenisch.

Denn gut einen Monat nachdem die Schweizer Tatort-Kollegen in Kriegssplitter im Umfeld tschetschenischer Flüchtlinge ermittelten, geht man in Franken noch einen Schritt weiter: Hauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) kehrt von einem Urlaub im Kaukasus zurück und schleust sich nach einem Brandanschlag, bei dem eine Frau aus Kamerun ums Leben kommt, als tschetschenischer Flüchtling in eine Gemeinschaftsunterkunft ein. Undercover!

Und kann von Glück sagen, dass sich in der Anlage keine echten Tschetschenen aufhalten – die würden seine rudimentären Sprachkenntnisse sofort entlarven, und auch Voss‘ Wissen über seine vermeintliche Heimat ist eher touristischer Natur. Aber auch sonst schöpft keiner seiner neuen Mitbewohner Verdacht, was die Geschichte wenig glaubwürdig macht: Während in der Unterkunft trotz seines mal mehr, mal weniger ausgeprägten Akzents niemand ernsthafte Zweifel an seiner Identität hegt, arbeiten die Kollegen Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel), Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) und Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) mit Unterstützung des urfränkischen Spurensicherungsleiters Michael Schatz (Matthias Egersdörfer) die Verdächtigen außerhalb des Heims ab.

Von Land und Leuten ist im dritten Franken-Tatort aber trotz des vielgepriesenen Lokalkolorits wenig zu spüren: Das Flüchtlingsheim ist als Kulisse ebenso austauschbar wie die meisten Locations für die Außenaufnahmen. Sieht man vom fränkischen Dialekt und einigen Panoramen über den Dächern der Stadt einmal ab, erfahren wir in Am Ende geht man nackt mehr über das letzte Urlaubsziel des Kommissars und tschetschenische Wurst als über den Schauplatz Bamberg.


SCHATZ:
Ganz herzlichen Dank für die Wurscht! Und des ist bei denen ‚e Spezialität, oder?

VOSS:
Nein, nein, nein, nein, nein… Das ist einfach… Wurst.

Der vierte Tatort von Regisseur Markus Imboden (Land in dieser Zeit) binnen vier Monaten ist nicht sein bester – was aber weniger an der soliden Inszenierung als vielmehr an der überfrachteten und politisch (zu) stark eingefärbten Geschichte liegt.

Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt (Preis des Lebens) hebt permanent den moralischen Zeigefinger: Die Kommissare spenden Altkleider für Flüchtlinge und Voss spielt sogar mit dem Gedanken einer Adoption – außerdem werden Seitenhiebe auf den deutschen Verwaltungsapparat, voreingenommene Streifenpolizisten und das Gesundheitssystem verteilt.

Während Bambergs Behörden hier in kein gutes Licht gerückt werden, gilt bei den Geflüchteten das Gegenteil: Waren im gewagten Kölner Beitrag Wacht am Rhein fast alle Zuwanderer aufmüpfige Kleinkriminelle, sind die Flüchtlinge hier fast ausnehmend sympathische Zeitgenossen – so auch der minderjährige Syrer Basem Hemidi (Mohamed Issa), der verzweifelt seinen verschwundenen Bruder sucht. Einzig der verbitterte Nordafrikaner Said Gashi (charismatisch: Yasin el Harrouk, Der Wüstensohn), der in der Unterkunft das Sagen hat und sich auf Kosten seiner Mitbewohner bereichert, bildet im 1018. Tatort die Ausnahme.

Ein ziemlich einseitiges Bild, und auch die Figuren außerhalb des Heims sind oft nur wandelnde Klischees: Ringelhahn & Co. treffen unter anderem den einflussreichen Bauunternehmer Sascha Benedikt (Hans Brückner), der das Wohlergehen seiner Mitmenschen seinem Bankkonto unterordnet, und den rechtsradikalen Benjamin Funk (Frederik Bott), der hohle Parolen schmettert („Flüchtlinge nehmen uns die Arbeitsplätze weg!“)- Das hat man alles schon deutlich differenzierter gesehen.

Auf der Strecke bleibt die Charakterzeichnung auch bei den Ermittlern: Wer in ein paar Monaten noch alle vier Namen der nach wie vor profillos wirkenden Kommissare aufzählen kann, zählt zu den wirklich eingefleischten Tatort-Fans. Auch Spannung will lange nicht aufkommen: In Fahrt kommt Am Ende geht man nackt erst in den Schlussminuten, doch der Ausgang des Films, in dem die Auflösung immer wieder in den Hintergrund rückt, ist so vorhersehbar, dass der Schlussakkord ohne nennenswerte Nachwirkung verpufft.

Um eine tiefere Beziehung zu den Figuren aufzubauen, sind es auch einfach viel zu viele: Statt die Zustände und Spannungsfelder in der Gemeinschaftsunterkunft herauszuarbeiten und Voss in einem reizvollen Mikrokosmos ermitteln zu lassen, unternimmt der Kommissar sogar Ausflüge in einer Putzkolonne. So ist der dritte Franken-Tatort der bis dato schwächste und das Team um Voss und Ringelhahn noch immer nicht ganz in der Krimireihe angekommen.

Bewertung: 4/10


Kommentare

3 Antworten zu „Am Ende geht man nackt“

  1. Avatar von Unknown

    Wünsche mir auch mehr Dialekt. Auch als Oberbayer kann man den fränggischen Dialekt leiben 😉

  2. Avatar von Madame M.
    Madame M.

    …dem kann ich mich nur anschliessen:
    farblos , klischee ohne ende, schlecht gesprochener dialekt, flache story, diletantische dialoge, kommissare ohne profil, langweilig ,so peinlich und traurig, dass ausgerechnet der fränkische tatort der mit abstand allerschlechteste von allen ist.
    eine nürnbergerin

  3. Avatar von Anonym

    Eine ziemlich langweilige Folge.
    Der Deutsche wird als primitiv hingestellt ( Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg) und die lieben Flüchtlinge müssen dran glauben.

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