Folge 1241
18. Juni 2023
Sender: SWR
Regie: Shirel Peleg
Drehbuch: Wolfgang Stauch
So war der Tatort:
High-ter.
Normalerweise sind es ja die Filmemacher, der Cast, die ARD oder auch der Autor dieser Zeilen, denen nach missglückten Drehbüchern, eigenwilligen Darbietungen, sperrigen Experimentalkrimis oder nicht dem Mainstream folgenden Rezensionen in Kommentarspalten vorgeworfen wird, beim Ausüben ihrer Tätigkeit auf Drogen gewesen zu sein. In der völlig missglückten Tatort-Persiflage Die Nacht der Kommissare ist es hingegen eine Hauptfigur, die seit fünfzehn Jahren in Diensten der Krimireihe steht und sich dem TV-Publikum im Rausch von einer völlig anderen Seite präsentiert.
Der Stuttgarter Hauptkommissar Thorsten Lannert (Richy Müller) bekommt bei seinem 30. Einsatz nach einem rätselhaften Prolog nämlich eine halluzinogene Substanz eingeflößt: Anfangs noch unbekannte Kriminelle haben offenbar die Sorge, dass Lannert ihren Machenschaften auf die Schliche kommt. Kurz vor seinem Trip schickt er seinem Partner Sebastian Bootz (Felix Klare) noch ein blutiges Bild, das diesen ebenso verwirrt wie den Rechtsmediziner Dr. Daniel Vogt (Jürgen Hartmann): Wo wurde es aufgenommen? Was ist darauf zu sehen? Und wo zum Teufel steckt Lannert?
Die Spur führt in den Nachtclub „Der wilde Mann“ – und dort findet Bootz seinen Kollegen in einem Zustand vor, der nicht nur die Zusammenarbeit der zwei Kriminalisten, sondern den bis dato schlechtesten Stuttgarter Tatort aller Zeiten zur nervtötenden Geduldsprobe macht. Der zugedröhnte Lannert hat farbenfrohe Halluzinationen, pustet in Tröten, kichert wie ein alberner Schuljunge und wirft stoned mit Liebesgeständnissen um sich. Dass ein Kommissar in einem solchen Ausnahmezustand im wahren Leben nie auf einen Mordfall angesetzt würde – geschenkt.
Drehbuchautor Wolfgang Stauch (Vier Jahre), der den Produktionsprozess der mit viel Lokalkolorit durchsetzten und zweifellos mutigen Krimikomödie auf seiner Facebook-Seite vielsagend als „langen Kampf“ bezeichnete, macht es trotzdem: Zwischen Lannerts Rausch und einem angeknabberten und aus dem Neckar gefischten Kopf besteht ein Zusammenhang. Und zumindest der Dialog in der Rechtsmedizin ist dann auch einer der wenigen Lichtblicke in einem Tatort, der nach seiner TV-Premiere nicht mehr allzu oft wiederholt werden dürfte.
Der skurrile Moment in der Obduktionshalle und zwei, drei pfiffige Wortwechsel im Drehbuch bleiben seltene Schmunzler – ansonsten ist der 1241. Tatort ein völlig spannungsloser, phasenweise zum Fremdschämen überzeichneter und zu keinem Zeitpunkt lustiger Totalausfall, den die ARD vielleicht bewusst auf den letzten Sonntag vor der Sommerpause 2023 terminiert hat. In Zeiten von Mediatheken haben selbst Stammzuschauer bei Schwimmbadwetter schließlich besseres vor, als daheim den Fernseher einzuschalten – und wenn ein Film beim Publikum durchfallen sollte, braucht man ihn anschließend auch nicht zwingend nachzuholen.
Regisseurin Shirel Peleg, die im April 2021 wenige Wochen vorm Drehstart kurzfristig für einen anderen Filmemacher einsprang, hat eine mit dudeligen Country-und-Western-Klängen förmlich zugekleisterte Krimikomödie inszeniert – das hätte mit besserem Timing und geschickterem Arrangement in Richtung Fargo oder Fear and Loathing in Las Vegas gehen können, versandet in dieser Umsetzung aber irgendwo zwischen seichtem Vorabendklamauk, Zoten auf Münster-Niveau und einem überambitionierten Laientheaterstück.
Denn auch die Besetzung erreicht selten Primetime-Niveau: Während Felix Klare und Jürgen Hartmann als Gefangene von Drehbuch und Regie zumindest Bodenständigkeit in die aberwitzige Nummernrevue bringen, ist Richy Müller als freidrehender Blödel-August nur zu bedauern. Er wirkt eher geistig gehandicapt als stoned und darf erst im letzten Drittel seinen „normalen“ Lannert geben, der sich seit seinem Debüt in Hart an der Grenze so viele Fans erarbeitet hat. Bis dahin haben große Teile des Publikums das Interesse am Film verloren. Unter den Nebendarstellern setzen zumindest Therese Hämer (Murot und das Prinzip Hoffnung) und Klaus Zmorek als schwäbelndes Ehepaar Akzente – zu wenig, um die peinliche Persiflage auf den Spuren von Babbeldasch zu retten.
Über die hanebüchene Geschichte um mutmaßlichen Drogenhandel und kriminelle Tigerzüchter im Ländle seien ansonsten keine weiteren Worte verloren – schließlich ist fast nichts von all dem quälend witzlosen Treiben irgendwie ernst zu nehmen. Und beim zweideutigen Schlussdialog, der als einzige Szene des Films bei Tageslicht spielt, weiß man schließlich nicht recht, ob man erleichtert aufatmen oder Angst vor einer Neuauflage dieses Stuttgarter Kasperletheaters haben soll.
Bewertung: 1/10
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