Folge 932
18. Januar 2015
Sender: SWR
Regie: Patrick Winczewski
Drehbuch: Harald Göckeritz
So war der Tatort:
Leider nicht ansatzweise so rehabilitiert wie Hauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), die nach ihrem Zusammenbruch im Vorgänger Blackout die dringend notwendige Reha vorzeitig beendet und wie gewohnt an vorderster Front ermittelt.
Wirklich überzeugt haben die dienstälteste Tatort-Ermittlerin und ihr langjähriger Partner Mario Kopper (Andreas Hoppe) schon in den Jahren davor nicht mehr, doch mit dem mittelschweren Krimi-Desaster Die Sonne stirbt wie ein Tier erreichen die Trauerspiele aus Ludwigshafen einen neuen Tiefpunkt. Wer schon den Filmtitel irgendwie seltsam findet, ahnt beim Einschalten vermutlich trotzdem nicht, dass ihn die schwächste Tatort-Folge seit Eine Handvoll Paradies erwartet: Die Dialoge sind unterirdisch, die Nebendarsteller überfordert und das Drehbuch von Harald Göckeritz, der schon miserable Odenthal-Krimis wie Freunde bis in den Tod oder Der Schrei an die Wand fuhr, ist schlichtweg eine Zumutung.
Der 932. Tatort beschallt den Zuschauer zum Auftakt mit Helene Fischers Atemlos und genießt allenfalls unfreiwillig komischen Unterhaltungswert: Nach dem Mord an einem Pferdepfleger und dem Auffinden eines durch einen „Pferderipper“ grausam zugerichteten Tieres schießt die spontan aus der Reha zurückgekehrte Odenthal nicht nur auf das Pferd, sondern auch im Minutentakt Plattitüden aus der Hüfte („Hinterher weiß man immer mehr!“), lässt Gott und die Welt an ihren wirren Alpträumen teilhaben und versucht sich mal wieder erfolgreich in Küchenpsychologie: Menschen, die Pferde verletzen, seien meist psychisch gestört.
Profiling wäre eigentlich die Aufgabe der nervtötenden Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) – doch die quasselt lieber ohne jeden Zusammenhang etwas von Ohrenschmerzen ihrer Tochter und lässt im Präsidium mitten in einer Fallbesprechung einfach alles stehen und liegen. Als eigentlich noch unverbrauchte Figur vermag sie dem seit Jahren schwächelnden Tatort aus der Rheinstadt im Jahr 2015 nicht wieder in die Spur zu verhelfen.
Dass der Krimititel Die Sonne stirbt wie ein Tier eine Zeile aus Konstantin Weckers Liebeslied zitiert, ist indes kein Zufall: Regisseur Patrick Winczewski, der zuletzt den schwachen Bodensee-Tatort Winternebel inszenierte, erzählt nebenbei auch noch eine himmelschreiend realtitätsferne Liebesgeschichte zwischen dem psychisch labilen Einzelgänger Gerd Holler (Ben Münchow, Feuerteufel) und der naiven Dialektbombe Paula Bender (Lisa Charlotte Friederich), deren Kuscheltier der schüchterne Choleriker heimlich aus ihrer Wohnung entwendet.
Das alles wird so atemberaubend unbeholfen aufbereitet, dass einem die Nebendarsteller – allen voran Münchow, der die mit Abstand undankbarste Rolle des Krimis stemmen muss – nur leid tun können. Spätestens, wenn der aufbrausende Einzelgänger („Ich bade nicht so gerne, Wasser ist nass!“) zum dritten Mal die Hosen runterlässt oder beim Billardtisch-Flirt grundlos eine Schlägerei anzettelt, driftet der Tatort hoffnungslos in die unfreiwillige Komik ab.
Auf der Zielgeraden quetschen die Filmemacher dann tatsächlich noch Pfälzer Privatpornos (!) der undurchsichtigen Silvia Magin (Alma Leiberg, Trautes Heim) in den Plot – ansonsten brüllen, kreischen oder hyperventilieren Kommissare, Augenzeugen und Verdächtige fast pausenlos herum, um künstliche Dramatik zu schüren.
Und Kopper?
Der harrt nachts stundenlang auf Baumästen aus, um im entscheidenden Augenblick einfach gar nichts zu tun und nach der Selbstjustiz einer eingerichteten Bürgerwehr pseudobetroffene Resümees zu ziehen („Sie waren wie die Tiere.“). Selten war der Tatort aus Ludwigshafen schwächer – und Koppers Tage sind bereits gezählt.
Bewertung: 1/10
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