Folge: 925 | 7. Dezember 2014 | Sender: NDR | Regie: Alexander Adolph
Bild: NDR/Christine Schroeder |
So war der Tatort:
Appetitverderbend.
Schließlich kann sich nicht jeder Zuschauer so teures und gutes Fleisch auf seinem Teller leisten wie der schwerreiche Wurstfabrikant Jan-Peter Landmann (Heino Ferch), um den sich im 925. Tatort alles dreht: „Dry-aged Rinderlende aus Mecklenburg-Vorpommern“, schwärmt der Schweinebaron beim einseitigen Feierabendflirt mit Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) – natürlich viel besser und gesünder als das, was Otto Normalverbraucher so Tag für Tag im Discounter in seinen Einkaufswagen legt.
Dass unser Konsumverhalten nicht förderlich für das Wohlbefinden von Schwein und Rind und die Methoden der Fleischindustrie ohnehin unter aller Sau sind, haben wir zwar schon gewusst, aber Regisseur und Drehbuchautor Alexander Adolph (Der oide Depp) erzählt es uns trotzdem: In Zeiten veganer Food-Blogs oder Soja Latte zum Mitnehmen kann man schließlich gar nicht dick genug auftragen.
Auch sonst hat der eigentlich begnadete Filmemacher, der zuletzt immerhin die Tatort-Hochkaräter Der tiefe Schlaf und Der Weg ins Paradies inszenierte, diesmal wenig Neues zu erzählen: Einmal mehr ermittelt Lindholm auf Weisung ihres Chefs (diesmal: Robert Dölle, Schiffe versenken) in der niedersächsichen Provinz, einmal mehr vernachlässigt sie ihren Sohn David (neu dabei: Neven Metekol) straflässig, und einmal mehr outen sich die örtlichen Behörden, die auf die Ankunft der LKA-Kommissarin offenbar nur gewartet haben, als ziemlich kompetenzfrei. So dämlich wie die stammelnde Landpomeranze Bär (Bibiana Beglau, Leben gegen Leben) hat sich an Lindholms Seite allerdings selten jemand angestellt.
LINDHOLM:Ich brauche Sie jetzt. Wir spielen „Guter Bulle, böser Bulle“.
Von einem Kurswechsel ist nach zweijähriger Furtwänglerscher Tatort-Abstinenz (letzter Auftritt in der Doppelfolge Wegwerfmädchen und Das goldene Band) nichts zu spüren: Ob wohl je ein Tatort gedreht wird,
in der Lindholm mal nicht von ihrer Mama (Kathrin Ackermann) getadelt wird,
nur mit einem Handtuch bekleidet aus der Dusche steigt oder sich den
kitschigen Komplimenten eines Verehrers erwehren muss? Man darf getrost Zweifel anmelden. In Der sanfte Tod findet all dies zum x-ten Male statt – die Fans der Burda-Gattin mag es zwar freuen, einmal mehr ist das aber ziemlich vorhersehbar und einschläfernd.
Was dem 22. Lindholm-Einsatz das Genick bricht, ist jedoch der Schlingerkurs, den der zweifache Grimme-Preisträger Adolph fährt: Ein plötzlich eingeflochtener Schockmoment, bei dem die um ihren Sohn „Carlito“ (Steven Merting)
trauernde Lise Ebert für zwei Sekunden zur Horrorfigur mutiert, wirkt angesichts der bis dato gemächlichen Gangart (zähe Rotwein-Dialoge von Landmann und Lindholm inklusive) völlig deplatziert, und auch als Familienkiste will der Film nicht funktionieren.
Die Szenen mit Landmann-Tochter Stella (Ricarda Zimmerer) und ihrem bemüht irritiert wirkenden Vater („Hast du etwa geraucht?“) wirken steif und konstruiert, und der trinkfreudige Loserneffe Martin Landmann (Sebastian Weber, Tote Männer) bleibt als Figur zu schemenhaft (darf aber herzhaft das Niedersachsenlied schmettern).
Zumindest der vielfach leinwanderprobte Heino Ferch (Mordnacht) erledigt als kühl-kalkulierende Komplimenteschleuder einen soliden Job. Setzt man seinen Auftritt als aalglatter Schweinebaron („Nehmen wir den Tieren das Leben oder schenken wir es ihnen nicht vielmehr?“) aber in Relation zu ähnlich spektakulär angelegten Bösewichten der jüngeren Vergangenheit, fällt er im Vergleich zu Ulrich Matthes (überragend in Im Schmerz geboren), Yasin el Harrouk (exzentrisch in Der Wüstensohn) oder Milan Peschel (sympathisch überzeichnet in Der Hammer) doch spürbar ab.
Da rettet die nette Schlusspointe, die an das verräterische Husten des Mörders in Der tiefe Schlaf erinnert, am Ende nur wenig.
Bewertung: 3/10
Schreibe einen Kommentar