Bild: SR/Manuela Meyer

Melinda

Folge 860

28. Januar 2013

Sender: SR

Regie: Hannu Salonen

Drehbuch: Dirk Kämper, Lars Montag

So war der Tatort:

Zirkusreif. 

Und das nicht nur wegen des neuen Saarbrücker Hauptkommissars Jens Stellbrink (Devid Striesow, Das Dorf), der gemeinsam mit Kollegin Lisa Marx (Elisabeth Brück, Der Tote vom Straßenrand) die Nachfolge der zuletzt bärenstarken, vom SR aber im Zuge einer medialen Schlammschlacht geschassten Kappl und Deininger antritt – und der bei seinem Debüt eine kolossale Bruchlandung hinlegt. 

Spätestens seit der von den Zuschauern auf breiter Front abgelehnten Münsteraner Katastrophenfolge Das Wunder von Wolbeck galt die Frage, wieviel Klamauk der Tatort verkraften kann, eigentlich als  hinreichend beantwortet – doch nun wagt der Saarländische Rundfunk mit einem clownesken Kommissar, reichlich Zoten und seichter Krimi-Unterhaltung einen erneuten Angriff auf die Lachmuskeln. 

Der vielfache Filmpreisgewinner Striesow gab im Vorfeld zu Protokoll, dass man „keinen Anspruch auf Realismus“ erhebe – wohlwissend, dass Outfit und Arbeitsmethoden seines Ermittlers mit dem Berufsalltag eines deutschen Durchschnittskommissars soviel gemeinsam haben wie dessen Shorts und Gummistiefel mit stilsicherem Auftreten. Auch Tatort-Kollege Boerne sorgte einst mit dieser Art Schuhwerk für Aufsehen – im Tatort Spargelzeit, der aber um Längen witziger ausfiel als das eigenwillige Stellbrink-Debüt.

Hannu Salonen, der mit Verschleppt den spannendsten Tatort des Jahres 2012 inszenierte und auch beim zweiten Stellbrink-Tatort Eine Handvoll Paradies Regie führt, löst die Herkulesaufgabe, die Spannung trotz aller Blödeleien am Leben zu erhalten, alles andere als zufriedenstellend. Neben der Aufbereitung der Rahmenhandlung um Stellbrinks Flucht mit der kleinen Melinda (Mila Böhning), die den tatorttypischen Auftaktmord ersetzt, muss er vor allem seinen skurrilen Schluffi-Kommissar beim Publikum einführen und lässt ihn mit antikem Motorradhelm und thailändischer Wickelhose (!) Saarbrücken unsicher machen. 

Stellbrink sieht dabei irgendwie immer aus, als wäre er gerade aus dem Bett gekommen, während sich der im schwarzen Tank-Top ermittelnde, top gestylte Lara-Croft-Verschnitt Marx in Streitgesprächen mit der nervtötenden Staatsanwältin Nicole Dubois (Sandra Steinbach) aufreibt. Yoga-Fan Stellbrink vertrimmt problemlos gestandene Kindesentführer und wirkt dabei so glaubwürdig wie Terence Hill zu besten Vier Fäuste für ein Halleluja-Zeiten, Marx hingegen teilt auf der Kampfsportmatte schmerzhafte Tritte aus und zeigt, dass sie aus einem anderen Holz geschnitzt ist. 

Neben der klaren Linie lassen Salonen und das Autorengespann um Dirk Kämper und Lars Montag (Hauch des Todes) in Melinda aber auch das Gespür fürs passende Timing vermissen: Das Versteckspiel in der Gulliver-Welt des Deutsch-Französischen Gartens kommt zum Beispiel viel zu früh, weil es dem Zuschauer noch an der notwendigen Identifikationsfigur fehlt und echte Spannung durch gemütliches Vorabendfeeling im Keim erstickt wird.

Immer noch rätselnd, was die Knalltüte in Shorts und Stiefeln eigentlich bei der Polizei und im Tatort verloren hat, wird das Publikum zum Bangen mit einem Ermittler verdonnert, der im Baumarkt Klobürsten an die Kasse schmuggelt und Minuten damit verbringen kann, akribisch seinen Schreibtisch zurechtzurücken.

Der Versuch, mit dem rollerfahrenden Blondschopf einen Ermittler der anderen Sorte in der mit fünf neuen Teams im Jahr 2013 ohnehin schon überladenen Tatort-Landschaft zu etablieren, geht aber auch in die Hose, weil Stellbrink vor allem eines ist: nicht witzig. Daher scheitert das mutige SR-Experiment schon nach der ersten Folge – und die dringend nötige Kurskorrektur lässt folgerichtig nicht lange auf sich warten.

Bewertung: 2/10


Kommentare

17 Antworten zu „Melinda“

  1. Avatar von Anonym

    Hat mir gut gefallen, sehr unterhaltsam.

  2. Avatar von Anonym

    Albern, schwachsinnig und total blöd.

  3. Mir hat er sehr gut gefallen…was völlig anderes vom sterilem 08/15 – Brei. Weiter so ! (Und nicht vergessen…Stock aus dem A++++ ziehen )

  4. eigentlich doch eine glatte 0 -> 0/10, oder?

  5. Ich war ebenfalls bestens unterhalten. Schönes Stück Film.

  6. Als Tatort Fan war ich von diesem Folge nicht überzeugt.Es war kein Tatort, aber trotzdem ein wunderbarer sehenswerter Spielfilm. Mal was anderes. Wäre der Film nicht als Tatort-Folge sondern einfach nur als Krimi gesendet worden, hätte er bestimmt bessere Kritiken bekommen.

  7. Spitze – beste Unterhaltung, die sich abhebt von anderen 08/15-Tatorten. Ich würde bei einer Bewertung 4 von 5 Sternen geben!

  8. Das kleine bildhübsche und toll aufspielende Mädchen hat den ganzen Film getragen aber retten konnte sie ihn nicht.Die Staatsanwältin hatte echt Dayly Soap Niveau,der Dolmetscher völlig überzeichnet,die trotteligen Streifenpolizisten sowie der Spiesserehemann könnten bei Didi Hallervordens Blödelklamaukklamotten enflohen sein.
    Der schrullige Komissar war mäßig spaßig, die Kollegin war weder Fisch noch Fleisch.
    Für mich im Ganzen mangelhaft.

  9. war einfach nur schlecht. schauspielerisch einfach nur flach. ich kenne den schauspieler d.striesow in viel besseren rollen. hat er sich das drehbuch nicht vorher durchgelesen? es tut mir leid herr striesow, aber das war ein riesen flop.

  10. Doch, genau so mies war er!
    Die Balance zwischen schrulliger Comedy (wer's mag…), Selbstparodie (sicher unfreiwillig) und Krimi (wo war der eigentlich?) kann nur als misslungen bezeichnet werden. Von Drehbuch- und anderen Schwächen ganz zu schweigen. Jeder einzelne Aspekt für sich hätte funktionieren können, in der Mischung ist das riskant Spiel leider nicht aufgegangen.

  11. Avatar von Quastus

    Naja, es gab schon schlimmerer Tatorte! So mies war der nun wirklich nicht!

  12. Avatar von bulleward
    bulleward

    Schwachsinn hoch drei

  13. Avatar von bulleward
    bulleward

    Schwachsinn hoch drei

  14. Das Schlechteste was wir seit langem ansehen mussten!!!! Alles was wir haben, ist Angst vorm nächsten Saarbrückener Tatort – oh je oh je!

  15. einfach nur schlecht

  16. Schimanski würde sich im Grab umdrehen : Ein vorschriftenmissachtender Softie-Bulle mit Feng Shui-Hintergrund, eine Kommissarin mit asiatischer Kampftechnik und Lara Croft-Outfit, dusselige Regiefehler in der Darstellung von Polizeiarbeit (da ginge in Realität die Aufklärungsquote rapide nach unten).
    Die Schauspieler selbst haben das umgesetzt, was ihnen vorgegeben wurde – ein sehr bescheidenes Konzept, das von allen möglichen Filmvorbilder versuchte Anleihen zu nehmen, aber jede Eigenständigkeit vermissen ließ. Das war zuviel des nicht Guten

  17. so ein Schmarrn hoch drei

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