Bernhard Berger

Lohn der Arbeit

Folge: 807 | 28. August 2011 | Sender: ORF | Regie: Erich Hörtnagl

Bild: rbb/ORF/Bernhard Berger

So war der Tatort:

Fellnerfrei.

Nicht wenige Zuschauer dürften sich bei der Erstausstrahlung von Lohn der Arbeit fragend am Hinterkopf kratzen: Wo steckt Bibi Fellner (Adele Neuhauser), die exzentrische neue Partnerin des Wiener Sonderermittlers Moritz Eisner (Harald Krassnitzer)?

Schon zweimal durfte ihm die sympathische Alkoholikerin in Vergeltung und Ausgelöscht unter die Arme greifen – nun ist aber plötzlich wieder Inspektor Franz Pfurtscheller (Alexander Mitterer) mit von der Partie, dessen neunter Tatort-Auftritt zugleich sein letzter ist.

Der vermeintliche Personalwechsel ist aber gar keiner: Lohn der Arbeit fand erst mit Verspätung den Weg ins TV-Programm und wurde zu einem früheren Zeitpunkt abgedreht als die zwei genannten Folgen mit Fellner. Allzu schwer wiegt Pfurtschellers Abschied allerdings nicht, denn Fellner ist die um Längen interessantere Figur. Seine Telefonate mit seiner dementen Mutter erweisen sich diesmal als seichter Bremsklotz in einem Krimi, in dem sich Regisseur Erich Hörtnagl und Drehbuchautor Felix Mitterer (Baum der Erlösung) ganz dem Thema Schwarzarbeit widmen, ohne diesem neue Aspekte abzugewinnen.

Einleitend wird Baulöwe Wolfgang Kogl (Michael König, Atemnot) erschlagen auf einer Baustelle aufgefunden – er hatte dort über den schmierigen Subunternehmer Erwin Filzer (Alexander Strobele, Inflagranti) illegal Mazedonier beschäftigt und so ziemlich alle Beteiligten um ihren Lohn der Arbeit gebracht.

Tatverdächtige gibt es im Überfluss: Neben den gelinkten Bauarbeitern Flamur (Mustafa Nadarevic) und Dimitar Besad (Branko Tomovic, Der große Schmerz), die sich die Kohle bei Kogls Ex-Frau Helga Brugger (Krista Posch, Kolportage) wiederholen wollen, geraten auch Firmenerbe Hubert (Max von Thun, Die Unmöglichkeit, sich den Tod vorzustellen) und Witwe Cornelia Kogl (Hilde Dalik) ins Visier der Ermittler.

Und dann ist da noch der ebenso überzeichnete wie sich selbst überschätzende Journalist Markus Feyersinger (George Lenz, Ein Sommernachtstraum).


FEYERSINGER:
Ich war der Überzeugung, ich kann den Mächtigen auf die Füße steigen!

Mögen seine Aktivitäten zunächst nach investigativem Journalismus zum Wohle der Allgemeinheit klingen, entpuppt sich Feyersinger bei genauerem Hinsehen schon bald als Figur, die wir schon viele Male im Tatort gesehen haben: Journalisten haben bei den Drehbuchautoren der Krimireihe traditionell einen schweren Stand, weil sie grundsätzlich Dreck am Stecken haben oder wenig ehrenwerte Ziele verfolgen (vgl. Durchgedreht u.v.a.).

Das ist im 807. Tatort nicht anders: Der zu allem Überfluss mit einem dämlichen Klischee-Anglerhut ausgestattete Feyersinger ist stets auf der Jagd nach dem nächsten Skandal, sammelt damit einen Antipathiepunkt nach dem nächsten und legt seine Kamera nur im Notfall aus der Hand.

Überzeugende Bilder schießt aber vor allem Kameramann Duli Diemannsberger (Nie wieder Oper): Lohn der Arbeit spielt nicht nur auf tristen Baustellen (das Polizeipräsidium eingeschlossen), sondern auch in der idyllischen Natur der Tiroler Berge, bei der die Kamera schon mal ein halbes Dutzend Kühe mampfend vor einer schmucken Dorfkirche einfängt.

Diese vermeintliche Gemütlichkeit ist jedoch nur eine Momentaufnahme: Spannend gestaltet sich vor allem die parallel zu den Ermittlungen erzählte Odyssee der zwei flüchtigen und hungernden Mazedonier, die erst in einer entfernt an Quentin Tarantinos Inglourious Basterds erinnernden Sequenz bei der Flucht auf eine grüne Wiese von den Ermittlern eingeholt werden.

Nicht nur hier zeigt sich, dass das Gipsbein von Moritz Eisner, das den Wiener Sonderermittler zur Arbeit auf Krücken verdammt, in diesem Tatort nur schmückendes Beiwerk ist: Statt den Ermittler in Schlüsselmomenten oder bei der Jagd des Täters entscheidend auszubremsen, humpelt sich Eisner gemütlich von Verhör zu Verhör, ohne dass sein Handicap die Handlung nennenswert beeinflussen würde. Das haben wir in Unvergessen oder Kein Entkommen, in denen sich Eisner gesundheitlich ebenfalls schwer angeschlagen zeigt, schon konsequenter und unterhaltsamer gesehen.

So hieven den Krimi vor allem zwei gelungene Wendungen im Schlussdrittel und der überraschend pessimistische Ausklang der Geschichte ins solide Mittelmaß.

Bewertung: 5/10


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