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Unsterblich schön

Folge: 780 | 21. November 2010 | Sender: BR | Regie: Filippos Tsitos

Bild: BR/Elke Werner

So war der Tatort:

Schönheitsfixiert.

Das zeigt schon der hochdramatisch in Szene gesetzte Mordfall: Die ebenso attraktive wie unterkühlte Beautyfanatikerin Konstanze Schiller (Tatjana Alexander, Angezählt) stirbt qualvoll an einem Allergieschock, nachdem sie sich ein warmes Schokoladenbad gegönnt und der perfide Täter sie ohne rettende Spritze dabei eingeschlossen hat. Doch was hat die Allergie ausgelöst?

In ihrem 20. Dienstjahr ermitteln die Münchner Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in der Welt der Reichen und Schönen – und damit im Umfeld ganz anderer Problemzonen als im Meilenstein Nie wieder frei sein, der eineinhalb Monate später auf Sendung geht und zu Recht mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wird. Alles, was auch nur im Entferntesten mit Schönheit zu tun hat, wird in einen Cremetopf geworfen und kräftig verrührt: Schönheitsbäder, Diäten, Botox.

Die Ermittler aus der Stadt an der Isar – nach 55 Einsätzen zwar ergraut, aber noch lange kein Auslaufmodell – können mit dem Verjüngungswahn allerdings nicht viel anfangen, und entsprechend distanziert fallen ihre Verhöre aus: Vom Anbandeln mit hübschen Tatverdächtigen (vgl. Im freien Fall oder Das Glockenbachgeheimnis) ist in Unsterblich schön wenig zu sehen – und das, obwohl gleich vier attraktive Spa-Besucherinnen im Präsidium aufschlagen und in einer wunderbar überzeichneten, subtil erotischen Sequenz ihre Einschätzungen zu Protokoll geben.

Für seine rhetorische Frage („Und Sie arbeiten nicht?“) erntet Leitmayr nur Kopfschütteln und Gekicher: Bereits in der Eingangssequenz faulenzen die Damen am Pool und philosophieren über die Schönheit von George Clooney, während Schiller eine Runde Botox für alle ausgibt.

Lehrt uns der Münster-Tatort Feierstunde sechs Jahre später, dass sich Botox auch hervorragend zum Vergiften ungeliebter Professoren eignet, ist die Mordwaffe im 780. Tatort allerdings eine andere.


LEITMAYR:
Dieser Allergieschock macht mich noch ganz wahnsinnig. Eine Pistole, ein Messer, eine Kettensäge – das sind vernünftige Tatwaffen. Aber doch keine Erdnusspraline.

Drehbuchautorin Stefanie Kremser und Regisseur Filippos Tsitos, die bereits 2007 beim herausragenden Münchner Tatort Kleine Herzen erfolgreich zusammenarbeiteten, belassen es bei den zwei genannten Sequenzen mit den klischeehaft gezeichneten Schönheitsfanatikerinnen und beleuchten stattdessen das familiäre Umfeld der Toten. Ins Blickfeld der Ermittler geraten vor allem die Schwester, die Mutter und der Ehemann, so dass sich die Auflösung der Täterfrage nicht allzu knifflig gestaltet.

Dorothea Jahn (Victoria Trauttmansdorff, Frühstück für immer), kommt sich wie ein hässliches Entlein vor und stand schon seit Kindertagen im Schatten ihrer schöneren und erfolgreicheren Schwester Konstanze, die ihr auch noch den Mann ausgespannt hat.

Ihre nicht minder gutaussehende und jung gebliebene Mutter Rita Schiller (Gudrun Landgrebe, Salü Palu) gibt sich ähnlich unterkühlt wie das Mordopfer und wird zudem zur nervigen Kalorienpolizei, als sich ihre Enkelin Nutella aufs Brot schmiert.

Und dann ist da noch der Gatte der Toten, der als Model arbeitet: Andreas Lutz (Robert Atzorn, von 2001 bis 2008 als Hauptkommissar Jan Casstorff im Hamburger Tatort zu sehen) bewahrt in seinem Kühlschrank Botox auf wie andere Joghurt, wird aber beim Dreh eines Werbespots kurzerhand durch einen jüngeren Schauspieler ersetzt. Das wäre Bill Murray in Sofia Coppolas Hollywood-Klassiker Lost in Translation (s.u.) nicht passiert – der musste sich in Japan allerdings auch kein Anti-Aging-Beer, sondern Whiskey einschenken.

Lutz hingegen bekommt im beinharten Modelgeschäft nichts geschenkt und muss seinen Körper in Schuss halten – eine Geschichte, die in TV und Kino schon häufiger erzählt wurde, aber noch zu den interessanteren Aspekten der selten wirklich tiefgründigen Milieustudie zählt. Auch die Spannungskurve der satirisch angehauchten Whodunit-Konstruktion schlägt selten nach oben aus.

Zumindest witzig wird es aber, wenn sich die Kommissare selbst reflektieren: Während Batic kaum mehr als Rasierschaum an sein Gesicht lässt (und damit im Präsidium für einen Lacher sorgt), zeigt Leitmayr gesteigertes Interesse an von Lutzen beworbenen Gedächtnispillen, die er in einer Apotheke entdeckt.

Bewertung: 6/10

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