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Borowski und eine Frage von reinem Geschmack

Folge: 777 | 24. Oktober 2010 | Sender: NDR | Regie: Florian Froschmayer

Bild: NDR/Marion von der Mehden

So war der Tatort:

Gastfreundlich.

Denn in Borowski und eine Frage von reinem Geschmack feiert eine Schauspielerin ihr Tatort-Debüt, die in Pornofilmen wie Die megageile Kükenfarm erste Nackt-Erfahrungen vor der Kamera sammelte und später auf Filmfestivals für Furore sorgte: Gegen die Wand-Star Sibel Kekilli, die ab 2011 in der Rolle der Sarah Brandt an der Seite des Kieler Hauptkommissars Klaus Borowski (Axel Milberg) ermittelt.

In diesem Tatort erhalten die Zuschauer einen Vorgeschmack auf das, was sie in Zukunft erwartet, denn Brandt erweist sich als gute Gastgeberin und stellt Borowski & Co. als Wiedergutmachung für einen Auffahrunfall ihr abgelegenes Landhaus als Einsatzzentrale zur Verfügung: Ganz in der Nähe ihres von Wildschweinen in Mitleidenschaft gezogenen Grundstücks findet eine Geldübergabe statt und lässt sich vom Dachboden aus wunderbar mit dem Fernglas überwachen. Doch was ist passiert?

Die Drehbuchautoren Kai Hafemeister, Christoph Silber (Schwanensee) und Thorsten Wettcke (Zwischen den Ohren) setzen auf einen ungewöhnlichen Todesfall: Der 15-jährige Florian Hölzel bricht beim Beachvolleyball tot zusammen, nach dem er sich einen kräftigen Schluck aus der „Vitanale“-Flasche seines Vaters Andreas (Markus Hering, Côte d’Azur) gegönnt hat – und die Spur führt direkt in die Molkerei, in der der umstrittene Drink hergestellt wird.

Die kühle Betriebsleiterin Liane Kallberg (Esther Schweins, Bierkrieg) und ihr Vater Alfons (Joachim Bißmeier, Alter Ego) werden nun von einem Unbekannten erpresst und verteidigen die angeblich vitalisierende Wirkung ihres Produkts mit fragwürdigen Studien gegen jede Kritik von außen. Selbst Borowski staunt nicht schlecht, als ihm Kallberg erklärt, warum dem von Natur aus weißen Milchgetränk gelber Farbstoff beigemischt wird.


KALLBERG:
Für den Konsumenten muss es nicht nur nach Energie schmecken, sondern auch so aussehen. Das haben wir aufwändig getestet.

Das Anliegen der Filmemacher ist klar: Sie möchten Kritik an den Herstellern der zweifelhaften Produkte üben und am Konsumverhalten all derer, die weltweit jährlich rund 5 Milliarden Liter Energydrinks in sich hineinschütten. Dabei zeichnen sie allerdings ziemlich schwarz-weiß.

Da gibt es auf der einen Seite die abgebrühte Kallberg und Opfer Hölzel, den es bis zum tragischen Tod seines Sohnes nicht die Bohne interessiert hat, was er da eigentlich in sich hineinschüttet, und auf der anderen Seite Vegetarierin Brandt und Lianes Bruder Paul (Thomas Scharff, Edel sei der Mensch und gesund), der als überzeugter Bio-Bauer Kuh-Aktien anbietet – die regelmäßige Auszahlung von Naturalien als Belohnung für eine Investition in seinen Betrieb.

Immerhin: Der handwerklich talentierten Veggie-Hackerin Brandt, die im 777. Tatort irgendwie immer aussieht, als wäre sie gerade aus dem Bett gekommen, gestehen die Autoren einmal im Monat ein saftiges Steak zu, und mit Töchterchen Melinda Kallberg (Sonja Gerhardt) installieren sie eine (wenn auch überzeichnete) Figur, die zwischen die verhärteten Fronten gerät.

Ihre dünne Liebelei mit dem Öko-Aktivisten Kai Mauvier (Christoph Letkowski, Zorn Gottes) bringt die Geschichte allerdings kaum voran – stärker ist da schon der Moment, in denen Opa Alfons die Kleine zur Seite nimmt und ihr erzählt, wie er im zarten Alter von 15 Jahren den Betrieb seines verstorbenen Vaters übernehmen musste.

Hier liegt der Schlüssel zur durchaus kniffligen Auflösung der Whodunit-Konstruktion, die die Filmemacher gekonnt mit der Erpressungsgeschichte in Einklang bringen – doch im Vergleich zu anderen Kieler Tatort-Folgen der jüngeren Vergangenheit (vgl. Borowski und das Mädchen im Moor) kann Borowski und eine Frage von reinem Geschmack bei weitem nicht mithalten. Zu deutlich wird zwischen bösen Drinkherstellern und braven Bio-Bauern unterschieden, zu konstruiert wirkt der emotionale Showdown.

Für die Geschichte des Krimis aus der Fördestadt ist der dritte Tatort von Regisseur Florian Froschmayer (Der Polizistinnenmörder) dennoch hochinteressant – weil auf Psychologin Frieda Jung (Maren Eggert) nur noch ein Türschild hinweist und sich die späteren Partner Borowski und Brandt bei dieser vorgezogenen Begegnung ausgiebig beschnuppern dürfen.

Bewertung: 5/10


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