Folge: 699 | 18. Mai 2008 | Sender: WDR | Regie: Manfred Stelzer
Bild: WDR/Guido Engels |
So war der Tatort:
Heimlichtuerisch.
Denn seine schwarze Mütze trägt Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) bei seinem 13. Einsatz in Münster nur aus einem einzigen Grund: Prahl hatte im Video zum Wir-sind-Helden-Song Wenn es passiert einen Auftritt mit Irokesenschnitt – und blöderweise vergessen, dass kurz darauf die Tatort-Dreharbeiten anstanden.
Immerhin: Gedreht wurde Krumme Hunde bei mützenkompatiblen Temperaturen im Herbst, und so wird auch erst in den Schlussminuten das Geheimnis gelüftet, was unter der Mütze steckt – ein ziemlich skurriler Anblick, der ohne Kenntnis der Entstehungsgeschichte allerdings in der Luft hängt und nicht der einzige Holzhammer-Gag ist, der in diesem Tatort nicht so recht zünden will.
Das eingespielte Drehbuchautorenduo Stefan Cantz und Jan Hinter liefert nämlich einen wenig originellen Münster-Tatort vom Reißbrett: Die wild konstruierte Geschichte, bei der am Ende alles irgendwie mit allem verknüpft ist, wird mit den üblichen Frotzeleien und vielen müden Witzchen angereichert – Spannung ist dabei kaum vorhanden.
Dass sich Krumme Hunde eher wie ein seichter Vorabendkrimi fühlt, liegt aber auch am tierischen Faktor: Der 699. Tatort schwimmt im Fahrwasser von Vorabendserien wie Da kommt Kalle oder Unser Charly, denn die riesige Dogge, der Assistentin Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) fast auf Augenhöhe begegnet, ist zweifellos das Erinnerungswürdigste an dieser enttäuschenden Tatort-Folge.
27 Jahre nach dem letzten Auftritt des Münchner Oberkommissars Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer), der regelmäßig seinen Dackel Oswald mit ins Büro nahm, hält der Hund nach dem einleitenden Tod seines Herrchens, eines Privatdetektivs, vor allem den beeindruckten Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) auf Trab und darf die Ermittlungen in bester Kommissar Rex-Manier entscheidend beeinflussen.
Es ist einer der seltenen Momente, in denen Boerne mal eine Schwäche einräumt – ansonsten ist der eitle Gerichtsmediziner wieder voll in seinem Element.
THIEL:
Herr Professor, dürfte ich Sie bitten, ganz kurz draußen Platz zu nehmen?
BOERNE:Nein. Das ist eine Unverschämtheit, ich bleibe hier!THIEL (GEHT):
Der Klügere gibt nach.
BOERNE:Ich geb ja gar nicht nach?
Zu selten trifft der Dialogwitz wie hier ins Schwarze, zu selten wirkt die Situationskomik nicht platt und kalkuliert, und zu selten brechen die Figuren unter Regie von Manfred Stelzer (Ruhe sanft) aus den Mustern aus, die wir im Tatort aus Münster seit 2002 schon viele Male zu sehen bekommen haben.
So darf sich Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) diesmal in Sachen Nikotinsucht, auf die sie erneut reduziert wird, von Herbert „Vaddern“ Thiel (Claus-Dieter Clausnitzer) – besser gesagt von dessen weit angereister Freundin Asha (Ute Lubosch, Kindstod) – beraten lassen. Die emsige Assistentin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) bringt die Ermittlungsarbeit da schon deutlich mehr voran, doch wer den ermordeten Privatdetektiv auf dem Gewissen hat, gerät in diesem Tatort ohnehin oft zur Nebensache.
Viel wichtiger als die Auflösung scheint den Filmemachern zu sein, dass der mit einem auffälligen, syltförmigen Muttermal ausgestattete Tote mit Boerne verwandt ist und sich das auf den Streit mit seiner Cousine Henriette (Astrid Meyerfeld, Ein Hauch von Hollywood) auswirkt, die es wie er auf das Erbe seines wohlhabenden Onkels Rudolf (Traugott Buhre, Sterben für die Erben) abgesehen hat – eine auffällige Parallele zur späteren Tatort-Folge Erkläre Chimäre.
Die Rahmenhandlung um den Unternehmer und Hobby-Piloten Markus Rummel (Alexander Beyer, Schlaraffenland), seine getrennt lebende Ehefrau Sabine (Henriette Heinze, Das namenlose Mädchen) und seine neue Flamme Christine Schauer (stets an der Grenze zum Over-Acting: Nadeshda Brennicke, Die Blume des Bösen) wird dadurch immer wieder aus dem Blickfeld gedrängt, ist aber ohnehin recht schwach auf der Brust – ganz anders als Thiel, der bei einer Verfolgungsjagd per pedes all jene Zuschauer eines Besseren belehrt, die dem moppeligen Kommissar eine solche sportliche Einlage gar nicht zugetraut hätten.
Auch Kommissar Zufall läuft in dieser Krimikomödie zu Hochform auf – zum Beispiel bei Thiels Besuch in einem Altenheim, bei dem die Zimmernachbarin einer gesuchten Rentnerin just in dem Moment hereinschneit, in dem Thiel mit seiner Spurensuche nicht vorankommt und ihm natürlich gleich den entscheidenden Tipp für die Antwort auf die Täterfrage geben kann.
Ansonsten ist Thiel in Krumme Hunde selten um eine Antwort verlegen – auch nicht bei der wunderbaren Hommage an die vielzitierte Flugplatz-Szene aus Casablanca, die zugleich der deutlich bessere Abschlussgag in diesem Tatort gewesen wäre als jener, für den sich die Filmemacher entschieden haben.
BOERNE:
Ich glaube, das ist der Beginn…
THIEL:Nein.
BOERNE:
Was?
THIEL:Ich glaube, das ist das Ende.
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