Folge: 664 | 29. April 2007 | Sender: BR | Regie: Peter Fratzscher
Bild: BR/Bavaria Film/Lämmerer |
So war der Tatort:
Appetitanregend.
Mal abgesehen von der Szene, in der er gefunden wird: Der Finger. Unter der Spüle, in der Küche des Gourmetrestaurants „La Belle Vigne“, blau und verschrumpelt, entdeckt ihn dort eine Küchenhilfe. Doch wo ist der passende Körper dazu?
Keine leichte Aufgabe, die die Münchner Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) bei ihrem 45. Einsatz serviert bekommen – zumal Batic eigentlich Urlaub gebucht, den von langer Hand geplanten Aufbau eines antiken Küchenschranks ins Visier genommen hat und Leitmayr zunächst mit Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger (Michael Fitz) auf Spurensuche im Feinschmeckerlokal geht.
Schnell stellt sich heraus, dass hinter den Kulissen des hektisch betriebenen Gourmettempels und Haifischbeckens neben erlesenen Speisen auch zahlreiche Lügengeschichten aufgetischt werden. So gut wie jeder Mitarbeiter hat etwas zu verheimlichen: Von Kokainkonsum und Schwangerschaften ist über laufende Asylanträge und folgenschwere Techtelmechtel bis hin zu verlorenen Existenzen so gut wie alles dabei.
Der vermeintlich Fingerlose ist schnell ausgemacht: Es ist Restaurantkritiker Burkhard Faber (Michael Zittel, Norbert), dessen Bruder Norbert (Ulrich Gebauer, Bitteres Brot) einen Feinkosthandel betreibt und der mit Gourmetkoch und Lokalbesitzer Edgar Kaufmann (Helmut Berger, Tod unter der Orgel) seit Jahren ein homosexuelles Verhältnis pflegt. Tatverdächtige gibt es im Sternerestaurant, in dem Spürhunde schon mal mit verstreutem Chilipulver an der Nase herumgeführt werden, gleich ein halbes Dutzend.
Peter Fratzscher (Jagdzeit) der bereits zum neunten Mal für einen Tatort auf dem Regiestuhl Platz nimmt, inszeniert einen höchst unterhaltsamen, wenn auch recht einfach gestrickten Krimi: Große Phantasie ist bei der Tätersuche nicht gefragt, weil sich schnell herauskristallisiert, dass der Täter ein Angestellter des Betriebs sein muss.
Viel kniffliger gestaltet sich die Antwort auf die Frage, wie der Mörder die Leiche hat verschwinden lassen: Wurde sie womöglich gar zu Hackfleisch verarbeitet und den verwöhnten Gästen untergejubelt? Mehr als einmal darf im 664. Tatort laut gelacht werden, weil Drehbuchautorin Carolin Otto ihre klassische Whodunit-Geschichte immer wieder mit humorvollen Passagen anreichert.
Und doch krankt Der Finger an einer nicht unerheblichen Schwäche: der mangelnden Glaubwürdigkeit. Batic wird in bester Cenk Batu-Manier undercover in den Küchenbetrieb eingeschleust, als wäre das die leichteste Übung der Welt. Morgens aufkreuzen, einen erkrankten Kollegen entschuldigen und sich spontan als billige Ersatz-Arbeitskraft anbieten, die sämtliche Kenntnisse durch Kochshows im Fernsehen erworben hat. Ob das in der Realität wohl auch so einfach funktioniert? Einfach mal ausprobieren. Sternerestaurants gibt es in München schließlich zuhauf.
Bewertung: 7/10
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