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Ruhe sanft

Folge 659 | 18. März 2007 | Sender: WDR | Regie: Manfred Stelzer

Bild: WDR/Uwe Stratmann

So war der Tatort:

Zum Totlachen. 

Und das ist in diesem Fall durchaus wörtlich zu verstehen: Wenn selbst bei nächtlichen Ausflügen über den Friedhof beim Zuschauer eher die Lachmuskeln als eine Gänsehaut aktiviert werden, kann es sich im Jahr 2007 – also lange vor Dienstantritt der späteren Tatort-Kollegen aus Weimar und Saarbrücken –nur um einen humorvollen Beitrag aus Münster handeln. 
Wie auch einige andere Folgen mit Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) wandelt Ruhe sanft über die komplette Spielzeit auf einem schmalen Grat zwischen unterhaltsamer Krimikomödie und flachem Klamauk. Dabei klingt die Ausgangssituation ihres elften Falls durchaus spannend. 
Ein Unbekannter ist in Boernes Rechtsmedizin eingedrungen und hat eine weiße Lilie auf dem Bauch eines Toten hinterlassen. Am nächsten Tag wird ein Bestatter, der zufälligerweise mit Boerne bekannt ist, tot aufgefunden – in seinem Institut wurden bei einem Einbruch heimlich Leichen fotografiert. Schnell wird klar, dass die beiden Fälle miteinander verknüpft sind, und so ermitteln Thiel und Boerne diesmal in der Grufti-Szene, deren schwarz gekleidete Anhänger entsprechende Leichenfotos ins Internet stellen und sich Tag und Nacht auf besagtem Friedhof herumtreiben. 
Ein ziemlich einseitig gezeichnetes Bild, und auch privat passiert wenig Überraschendes: Thiel verpasst trotz spontaner Mitfahrt in einem Leichenwagen seinen Flieger in den wohlverdienten Motorradurlaub und brummelt sich entsprechend schlecht gelaunt durch den Film. Boerne hingegen ist das blühende Leben und hofft zum neuen Präsidenten der in Münster tagenden „International Association of Forensic Studies“ gewählt zu werden – allenfalls der Blick in die Zeitung vermag dem Professor da die Petersilie zu verhageln.


BOERNE: 

Mich hat man mal wieder mit „ö“ geschrieben, alle meine Titel unterschlagen, und Ihr werter Herr Vater, Herr Thiel, ist mitnichten Dr. Sandeep Singh aus Indien!


Dieser köstliche Seitenhieb auf schlampig arbeitende Journalisten und halbwissende Zuschauer, die gerne mal die Namen der Tatort-Ermittler falsch schreiben, ist noch einer der besten Witze dieser eher durchwachsenen Folge aus Münster. 
Am ehesten punktet der Film von Manfred Stelzer, der auch Der doppelte Lott und Spargelzeit inszenierte, mit keckem Wortwitz, der allerdings nicht immer ins Schwarze trifft: „Vorstand, Vereinigung, vollstens, Verantwortung – das hört sich ja an, als sei ich ein V-Mann“, gibt sich Boerne beim Einstudieren einer Dankesrede selbstkritisch. 
Und als er später Kommissarsanwärterin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) als „ziemlich endkrasse Nullcheckerin“ bezeichnet, erweist er sich sogar für einen Moment als unfreiwilliger Vorbote des späteren Erfurter Ermittler-Experiments, bei dem Friedrich Mücke & Co. nach zwei Folgen wieder das Handtuch warfen und dem MDR auch dank der pseudocoolen Jugendsprache desaströse Kritiken bescherten (vgl. Kalter Engel, Der Maulwurf). 
Dabei wissen die Drehbuchautoren Jan Hinter und Stefan Cantz doch, was einen guten Tatort aus Münster ausmacht: Gemeinsam schrieben sie 2002 das Buch zur für den Grimme-Preis nominierten Erstling Der dunkle Fleck und viele weitere Beiträge aus Westfalen, doch im 659. Tatort überwiegen die Logiklöcher, der Klamauk und der spannungsfreie Slapstick. Die späteren Quotenkönige aus Westfalen, die mit dieser TV-Premiere „nur“ 8,42 Mio. Zuschauer vor die Fernsehgeräte lockten, müssen oft für platte Zoten herhalten. 
Doch es gibt auch Lichtblicke: Die kettenrauchende und diesmal durch eine Halskrause gehandicapte Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) setzt nämlich das in die Tat um, was sich vielleicht auch der eine oder andere Zuschauer schon einmal gewünscht hat: Nach einem Handgemenge am Rande einer Beerdigung boxt sie dem verdutzenden Boerne direkt ins Gesicht und der geht prompt zu Boden.
Ohnehin muss er viel einstecken: Innerhalb von 90 Minuten wird der Professor auch noch unfreiwillig geduscht, von einem Stück Seife in Thiels Bad schmerzhaft zu Fall gebracht und gleich zweimal entführt – wobei die zweite Entführung nicht nur deutlich amüsanter ausfällt, sondern zugleich den stimmungsvollen und toll fotografierten Abschluss dieser ansonsten eher mittelprächtigen Krimikomödie bildet.

Bewertung: 5/10

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