Folge: 517 | 1. Dezember 2002 | Sender: WDR | Regie: Susanne Zanke
Bild: WDR/Michael Böhme |
So war der Tatort:
Hieb- und stichfest.
Beim zweiten gemeinsamen Einsatz von Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) geht es nämlich – der Krimititel verrät es bereits – in erster Linie um dreierlei: Fakten, Fakten, und nochmal Fakten.
Für die ist beim Tatort aus Münster in erster Linie Forensiker Boerne zuständig, der dem genervten Kollegen und Instinktpolizisten nicht nur in aller Ausführlichkeit darlegt, warum sein alter Studienkollege Prof. Bernhard Dreiden (Oliver Stritzel, Klassentreffen) trotz zahlreicher Indizien und Verdachtsmomente nicht der gesuchte Mörder sein kann und darf, sondern auch seine bedauernswerte Assistentin Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) vor der versammelten Ermittlermannschaft zu Demonstrationszwecken in den Schwitzkasten nimmt.
Die kontroverse Diskussion der verschiedenen Tathergangstheorien – allen voran eine köstliche „Bratensaft“-Sequenz im Büro der verschwundenen Juliane Kraft (Vasiliki Kanakis-Roussi, Bienzle und der steinerne Gast) – bildet in Fakten, Fakten… die Grundlage für die bereits im ersten Münster-Tatort Der dunkle Fleck erfolgreich etablierten Streitigkeiten und Frotzeleien zwischen Hauptkommissar und Gerichtsmediziner, in die sich auch Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Grossmann) fleißig einmischt.
Die ganz großen Lacher bleiben dabei aber aus – in Erinnerung bleibt allenfalls die unverhoffte Begegnung in der Waschküche und Boernes kurzer Dialog mit der diesmal deutlich enger in die Ermittlungen eingebundenen Assistentin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter).
BOERNE:
Das Studium der Weiber ist schwer, dideldampampam… Das stammt aus der Operette…KRUSENSTERN:
Ich hasse Operetten.
BOERNE:
Ja. Zu Recht.
Fakten, Fakten ist ein nicht ganz so satirischer Tatort aus Westfalen, funktioniert aber auch als Sonntagskrimi der klassischeren Sorte: Vor allem die mühsamen Verhöre des verhinderten Juristen, Hartz IV-Empfängers und Hauptverdächtigen Felix Kraft (Michael Schiller, Trübe Wasser), der sich immer wieder clever aus Thiels bohrenden Fragen herauswindet, animieren das Publikum erfolgreich zum Miträtseln.
Und welche Rolle spielt die garstige Großmutter Kraft (stark: Gudrun Ritter, Todesbilder), die ihren bettlägerigen Mann vor dem ermittelnden Hauptkommissar versteckt hält und irgendetwas zu verbergen scheint? Fakten, Fakten und zugleich Fragen, Fragen – die Antworten und vor allem die Auflösung fallen aber eher harmlos aus.
So enttäuscht der 517. Tatort zwar keineswegs, zählt aber beim Blick auf das überragende Debüt Der dunkle Fleck und spätere Hochkaräter wie Der doppelte Lott zu den eher durchschnittlichen Tatort-Folgen aus der Studentenstadt.
Bewertung: 6/10
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