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Haie vor Helgoland

Folge: 157 | 23. April 1984 | Sender: NDR | Regie: Hartmut Griesmayr

Bild: ARD/NDR/Michael Merkel

So war der Tatort:

Noch brockifrei. 

Mit Paul Stoever (Manfred Krug) debütiert 1984 ein Kommissar, der beim Fernsehpublikum bis heute zu den beliebtesten Tatort-Ermittlern zählt und die Hansestadt Hamburg bis kurz nach der Jahrtausendwende würdig vertritt – vorerst aber noch allein. 
In dem vor norddeutschem Lokalkolorit nur so sprühenden Haie vor Helgoland, mit dem die ARD damals eine Einschaltquote von rund 50 Prozent einfährt, muss Stoever noch auf seinen langjährigen Partner Peter „Brocki“ Brockmöller (Charles Brauer), der zwei Jahre später in Leiche im Keller seinen Einstand feiert, verzichten: Zur Seite gestellt wird Stoever Kriminalhauptkommissar Heinz Nickel, verkörpert vom 2012 verstorbenen Edgar Bessen (Um Haus und Hof), der in den 80er Jahren auch als Kommissar Glockner in den populären TKKG-Hörspielen bekannt wird. Statt durch Gesangseinlagen macht Nickel vor allem durch verpatzte Überwachungseinsätze und selten dämliche Verständnisfragen auf sich aufmerksam, so dass sein erster Einsatz für den Hamburger Tatort zugleich sein letzter bleibt. 
Stoever und sein selten hilfreicher Kollege spielen im Drehbuch von Peter Hemmer (Im Fadenkreuz) aber ohnehin nur die zweite Geige, denn Haie vor Helgoland ist kein klassischer Tatort: Hemmer verzichtet auf das typische Whodunit-Prinzip und stellt nicht die neuen Kommissare, sondern die Täter und Zeugen des Raubmordes auf einer Helgoland-Fähre in den Mittelpunkt. Stoever betritt erst nach geschlagenen 25 Minuten die Bildfläche und wird dem Publikum kaum vorgestellt – für eine Debütfolge äußerst ungewöhnlich, doch für Dramaturgie und Spannung ein Riesenvorteil.

Dominiert wird das Geschehen nicht nur vom Misstrauen innerhalb des anfangs noch gemütlich picknickenden Verbrechertrios um Karl Lepka (Dietrich Mattausch, Blinder Glaube), Alfred Jüssen (Karl-Heinz Gierke, Der Entscheider) und den labilen Volker Reinders (Hans Hirschmüller), sondern vor allem von den Nachforschungen der beiden Augenzeugen Rolf Gerber (Ronald Nitschke, Eine ehrliche Haut) und Uwe Voss (Bernd Tauber, Scherbenhaufen), die an Bord buchstäblich Wind von der Sache bekommen und der treudoofen Komplizin Petra Kolb (Ilse Biberti, Feuerzauber) auf die Pelle rücken. Columbo-Verschnitt Stoever hingegen stochert lange im Nebel, weil er kaum mehr tun kann als warten, während der Zuschauer ihm um mehrere Nasenlängen voraus ist – wie bei Columbo eben. 

Regisseur Hartmut Griesmayr (Bienzle und sein schwerster Fall) gelingt es aber auch ohne knifflige Tätersuche, die Spannung konstant hoch zu halten, weil er stattdessen die Frage nach dem Schicksal und Überleben aller Beteiligten stellt. Der Genre-Mix aus klassischem Krimi, heiterem Roadmovie und kompromisslosem Gangster-Thriller funktioniert hervorragend und geht auch dahin, wo’s weh tut (vgl. Gerbers gebrochener Finger im Auto). Auch die Besetzung ist erstklassig und der Soundtrack punktet mit 80er-Jahre-Klassikern wie „Codo“. 
Dass der im Krimi gezeigte Überfall auf der Fähre kurz nach der Erstausstrahlung in der Realität fast detailgetreu nachgeahmt wurde, mag man den Filmemachern kaum vorwerfen – wohl aber einige abstruse Dialogzeilen, die für unfreiwillig komische Momente in einem ansonsten starken und angenehm ausgefallen arrangierten Tatort sorgen.


VOSS:

Jetzt ein paar Stunden schlafen und dann ab ins Bett.


Bewertung: 8/10


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