Bild: WDR/Bernd Spauke

Trittbrettfahrer

Folge 447

16. Juli 2000

Sender: WDR

Regie: Markus Fischer

Drehbuch: Markus Fischer, Peter Zingler

So war der Tatort:

Vergiftet.

Und das nicht nur, weil in Köln ein Erpresser sein Unwesen treibt, der damit droht, das Bier der Brauerei Belcher-Kölsch zu verderben. Es ist nicht das erste Mal, dass der Gerstensaft im Tatort thematisch aufgegriffen wird: Bereits 1997 befanden sich der Dresdner Hauptkommissar Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) und sein Kollege Kain (Bernd Michael Lade) im Bierkrieg, zwei Jahre später ermittelten ihre Münchner Kollegen Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) dann in Starkbier. Da ist es durchaus naheliegend, dass im zwölften Einsatz der Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) auch das Kultgetränk aus der Domstadt mal mit einem Kriminalfall verknüpft wird.

Wer nun die Hoffnung hegt, dass durch die Ermittlungen in der Brauerei mehr Lokalkolorit vermittelt wird, erfährt allerdings eine herbe Enttäuschung. Die Filmemacher um Regisseur Markus Fischer (Streng geheimer Auftrag), der nach einer Idee von Peter Zingler (Bombenstimmung) auch das Drehbuch zu seinem siebten und zugleich letzten Tatort schrieb, reduzieren den Kölsch-Konsum in der 447. Ausgabe der Krimireihe auf ein Minimum. Bierfreund Schenk darf zwar ein frisch gezapftes Glas probieren – das war’s dann aber auch schon.

Stattdessen braut sich bereits in den Anfangsminuten ein tödliches Drama zusammen: Firmen- und Familienoberhaupt Hans-Georg Belcher (Hansjoachim Krietsch, Das Mädchen von gegenüber) wird bei der Geldübergabe in einem Hotel – die unter der Leitung des diesmal auffällig kleinlauten Staatsanwalts von Prinz (Christian Tasche) äußerst stümperhaft arrangiert ist – vom Erpresser erschossen, der zudem noch unerkannt fliehen kann. In der Folge fragen sich Ballauf und Schenk eher uninspiriert durch die Brauerei und verrichten unaufgeregt Dienst nach Vorschrift:


SCHENK:
Na, alles beisammen?

BALLAUF:
Ja. Personalakten. Von A bis M.

SCHENK:
A wie „aussichtslos“, M wie „Muss das sein?“, ne?

Wenig überraschend ist es da, dass wir – im Gegensatz zu den Kommissaren, die den Ereignissen immer irgendwie hinterherhinken – stets einen Wissensvorsprung genießen: Sei es die Affäre des unausstehlich-widerlichen Junior-Chefs Paul Belcher (Rainer Will, Frauenmorde) mit dem Kölner Marylin-Monroe-Verschnitt Mona Serner (Gruschenka Stevens), die zusammen mit ihrem Bruder Robert (Martin Glade) die Erpressung geplant hat. Oder die heimlichen Absprachen zwischen Belchers Frau Lisa (Eva Scheurer) und dem undurchsichtigen Ex-Polizisten und Privatdetektiv Heinz Pigulla (Wolfgang Packhäuser, Platt gemacht), der ein doppeltes Spiel spielt. Eine zerrüttete Ehe, unüberwindbare Generationenkonflikte und finanziell motivierte Intrigenspiele: viele Probleme, viel böses Blut und viele Stereotype. Das ist schon im Jahr 2000 im Tatort alles nicht mehr neu, wurde aber schon deutlich prickelnder arrangiert.

In Kölle bleibt man sich eben treu. Das gilt auch für die ärgerliche Tatsache, dass bereits bekannte Ermittlungserkenntnisse immer nochmal zusammengefasst werden, was für die Krimis vom Rhein rund um die Jahrtausendwende typisch, aber zugleich Gift für das Erzeugen von Spannung ist. Die Geschichte ist vorhersehbar, Überraschungsmomente ergeben sich selten. Dazu trägt auch die unglückliche Wahl des Episodentitels bei, der einen wichtigen Teil des Handlungsverlaufs vorwegnimmt. Auch die obligatorische zweite Leiche, die die Filmemacher nach rund einer Stunde präsentieren, lädt nur in begrenztem Maße zum Miträtseln ein. Als klassischer Whodunit funktioniert Trittbrettfahrer auch auf der Zielgeraden nicht.

Deutlich spannender als der Kriminalfall entwickelt sich die Nebengeschichte rund um Ballaufs Interesse an einer eigenen Bleibe. Der Junggeselle, der seit seinem Dienstantritt in Willkommen in Köln quasi durchgehend in einer Pension wohnt, hat sich dazu durchgerungen, eine Wohnung zu mieten. Dafür interessiert sich nicht nur Schenk, sondern auch die schlagfertige Assistentin Lissy Pütz (Anna Loos) brennend. Es ist zwar früh klar, wie das ausgeht, denn eher wird auf dem Oktoberfest Kölsch getrunken, als das Ballauf eigene vier Wände bezieht. Immerhin hält dieser Nebenschauplatz aber noch eine kleine Pointe bereit, die in einem Tatort, der ansonsten eher an ein schales Bier erinnert, noch am ehesten in Erinnerung bleibt.

Bewertung: 4/10


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