Folge 497
14. April 2002
Sender: ORF
Regie: Robert Adrian Pejo
Drehbuch: Lukas Alexander
So war der Tatort:
Wieder weit weg von Wien.
Die Verantwortlichen des ORF erweitern die Tatort-Landschaft in Tödliche Tagung nämlich um eine weitere österreichische Region: Der Wiener Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) ermittelt erstmalig in der Steiermark. Seinen kriminalistischen Instinkt muss er dabei – wie schon in den Tirol-Folgen Passion und Böses Blut – außerhalb der Dienstzeit unter Beweis stellen: Seine Freizeit verbringt er vor dem eigentlichen Start des Falls zur Abwechslung mal nicht mit Wanderungen, sondern auf einer Gokart-Bahn, wo ihn der Anruf der hörbar mitgenommenen Pathologin Dr. Renata Lang (Gundula Rapsch) förmlich ausbremst.
Mit ihrer Freundin Dr. Ingrid Knapp (Susanne Michel, Viktualienmarkt) wollte Lang Urlaub in einem Wellness-Hotel in der Steiermark machen. Nun liegt die junge und körperlich fitte Ärztin, die eigentlich angereist war, um an einem Andrologen-Kongress teilzunehmen, allerdings tot in der Gerichtsmedizin: Sie ist im Dampfbad zusammengebrochen. Lang hegt Zweifel, dass es sich um einen natürlichen Todesfall handelt. Zum einen ist da ein rätselhafter Kratzer an der Hand der Leiche, zum anderen hatte Knapp vor ihrem Ableben kryptische Andeutungen gemacht, sich beruflich neu orientieren und auf der titelgebenden Tagung einen brisanten Vortrag halten zu wollen.
Eisner kommt dem Hilferuf seiner Freundin, um dir er bereits in Der Millenniumsmörder und Nichts mehr im Griff heftig warb, umgehend nach: Er bemüht die Dienste seines alten Freundes, dem urgemütlichen Wolfgang Schremser (August Schmölzer, Jagdzeit), den wir zwei Jahre später in Tod unter der Orgel noch einmal wiedersehen. In der Steiermark, wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, hat der sympathisch-spitzbübische Schremser nicht viel zu tun und verbringt seine Zeit lieber mit Akkordeonspielen. Über sein geräumiges Büro samt Assistentin und eigenem Fahrer kann der ungläubige Eisner nur neidisch staunen:
Schremsers augenzwinkernde Art ist für den Krimi eindeutig ein Gewinn: Seine schelmischen Kommentare sitzen und er funktioniert als Sidekick deutlich besser als etwa die übereifrige, oft leicht überforderte Polizeinovizin Stefanie Gschnitzer (Roswitha Szyszkowitz), die in den späteren Tirol-Folgen Elvis lebt! und Tödliche Souvenirs unbeholfen und selten auf Augenhöhe mit Eisner agiert. In der 497. Tatort-Folge klappt das Zusammenspiel des Ermittlertrios Eisner, Schremser und Lang reibungs-, aber bei weitem nicht humorlos.
Das gilt auch für den soliden Kriminalfall aus der Feder von Drehbuchautor Lukas Alexander, der mit Tödliche Tagung einmalig ein Skript für die Krimireihe beisteuert: Der im klassischen Agatha-Christie-Stil und im mehr oder weniger von der Außenwelt abgeschotteten Mikrokosmos gebaute Whodunit wird von Regisseur Robert Adrian Pejo, der schon den Eisner-Erstling Nie wieder Oper in ähnlichem Stil arrangierte, launig inszeniert. Viel getagt wird eigentlich nicht – und Eisner, der sich undercover als Journalist im Hotel einquartiert und mangels freien Zimmern in der Wäschekammer untergebracht wird, legt bei Befragungen auch mal eine flotte Sohle aufs Parkett, egal ob Wiener Walzer, Tango oder Samba.
Auch der Täterkreis ist vielfältig, und dabei sind die Westen – oder besser gesagt: die Kittel – keineswegs weiß. Weder beim profitgierigen Dr. Erwin Schmölzer (Dietrich Siegl, Passion), noch bei seiner Frau Lisa (Ruth Rieser), in deren Institut die Tote arbeitete. Knapp habe dort wegen unmoralischer Forschungsmethoden kündigen wollen, behauptet Schmölzers Konkurrent, der Professor Richard Schickl (Werner Prinz, Nichts mehr im Griff). Mit dem empfindsam-labilen Dr. Hans Burkhard (Philipp Moog, Der Wüstensohn), dem seine Assistentin Heidi Strauss (Mirjam Ploteny) schöne Augen macht, hatte das Opfer eine Affäre. Das führt wiederum dazu, dass auch deren Ehemann Fritz Knapp (Martin Brambach, glänzt ab 2016 als Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel im Tatort aus Dresden), von dem sich die Ermordete gerade getrennt hatte, in den Kreis der potenziellen Verdächtigen aufgenommen wird. Andererseits wirkt der verlassene Gatte mit dicker Hornbrille und sorgenvoller Miene schon allein optisch sehr überzeichnet und verhält sich auch viel zu verdächtig, um ernsthaft als Täter in Frage zu kommen.
Die Filmemacher folgen auch im Schlussdrittel den gängigen Konventionen der Krimireihe und präsentieren pünktlich nach einer guten Stunde die obligatorische zweite Leiche. Ihrem Tatort geht auf der Zielgeraden, auf der auch die Tagung auf ihr Ende zusteuert, etwas die Puste aus. Zu früh lässt sich erahnen, wer im Hotel sein Unwesen treibt, zudem gerät die Schlusssequenz ärgerlich schwülstig und schauspielerisch zur Farce. Unterm Strich steht trotzdem ein sehenswerter Tatort, der sich selbst nicht zu ernst nimmt und dem auch der unvergessene Burgschauspieler Peter Matic als Direktor Bauer seinen Stempel aufdrücken darf.
Bewertung: 6/10
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