„Die braune Lederjacke trage ich schon seit dem ersten Fall. Dabei sollte ich ursprünglich eine Art Nerd spielen, der nur mit Schlips und Anzug rumrennt.“
Bild: SWR/Stephanie Schweigert |
20. Juni 2018. Felix Klare spielt seit 2008 den Hauptkommissar und Familienvater Sebastian Bootz im Tatort aus Stuttgart und feiert im Fall Der Mann, der lügt mit seinem Kollegen Richy Müller sein zehnjähriges Tatort-Jubiläum. Wir sprachen mit dem Schauspieler über seinen 22. Fall, die Figuren im Ländle und die Abschiede seiner Kolleginnen Maja Schöne und Mimi Fiedler.
WwdT: Was ist das Besondere an eurem Jubiläumsfall Der Mann, der lügt?
Klare: Es gibt einen Perspektivwechsel: Der Tatort wird aus der Sicht eines Verdächtigen erzählt. Trotzdem sind wir als Kommissare sehr präsent, das gefällt mir natürlich gut. Wir ermitteln dann in gewohnter Manier, haben aber diesmal nur eine Person im Fokus. Dafür haben wir zum Beispiel sechs oder sieben Tage nur in einem einzigen Verhörraum gedreht. Da musste ich seitenweise Text lernen.
WwdT: Wie lang brauchst du in der Regel dafür?
Klare: Bei einer großen Szene wie dieser schaue ich meist drei, vier Tage vorher rein, am Tag selbst dann ungefähr eine halbe Stunde. Außerdem hilft es mir, wenn ich meine Texte aufschreibe. Während des Schreibens und während des Sprechens formuliere ich sie fast immer noch mal um. Das macht es authentischer und nicht so kopflastig. Es ist eine absolute Rarität bei mir, wenn ein Satz im Film so gesprochen wird, wie er im Drehbuch steht.
Der Mann, der lügt: Jakob Gregorowicz (Manuel Rubey).
Bild: SWR/Alexander Kluge
|
WwdT: Ist Der Mann, der lügt trotz des Perspektivwechsels ein klassischer Krimi oder fällt er schon in die Kategorie Experiment?
Klare: Ich würde sagen, es ist ein klassischer Ermittlungstatort, gerade auch im Vergleich zu unseren letzten Fällen. Da hatten wir ja häufiger Themen-Tatorte mit namhaften Autorenfilmern, zum Beispiel Stau oder die RAF (in Der rote Schatten, Anm. d. Red.). Aber der Film macht trotzdem Spaß!
WwdT: Ist diese thematische Vielseitigkeit momentan eine eurer größten Stärken?
Klare: Von den Themen her waren das interessante und spannende Fälle, das würde ich unterschreiben. Die Folgen waren gut und haben ihre Berechtigung. Schauspielerisch gefordert haben sie mich aber nicht so, und ich werde am Set gerne gefordert. Bei den Geschichten mitreden können wir ohnehin erst, wenn das Drehbuch da ist.
WwdT: Welches Thema würdest du dir mal von der Redaktion wünschen?
Werden bei ihrem Jubiläumsfall besonders gefordert:
Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare).
Bild: SWR/Alexander Kluge
|
Klare: Eigentlich kein bestimmtes. Mir ist aber immer wichtig, dass sich die Beziehung zwischen Lannert und Bootz weiterentwickelt. Die private Lage der Figuren muss stimmen und vor allem interessant bleiben. Wenn es einschläft und etwas Behäbiges und Bequemes bekommt, müsste ich eigentlich sofort mit dem Tatort aufhören. Das wäre nix für mich, das bin ich nicht. In einem solchen Fall wären mir unangenehme Gespräche mit der Redaktion lieber, wenn es den Figuren zugute käme.
WwdT: In den letzten zehn Jahren gab es zwischen den Figuren ja immer mal Zerreißproben, wie zum Beispiel in Eine Frage des Gewissens, wo Bootz vor Gericht für Lannert lügt, oder in Preis des Lebens, in dem Bootz‘ Tochter entführt wird.
Klare: Preis des Lebens war rein schauspielerisch mein Lieblingstatort, weil ich natürlich megamäßig was zu spielen hatte. Da konnte ich was zeigen und war richtig gefordert.
WwdT: Und es war zugleich der letzte Tatort mit Maja Schöne in der Rolle als Bootz‘ Frau Julia.
Klare: Genau, für Preis des Lebens ist sie noch einmal zum Tatort zurückgekommen. Die Trennung im Film resultierte vor allem daraus, dass Maja die Rolle nicht mehr spielen wollte. Sie hatte meist nur zwei bis drei Drehtage. Ich habe das bedauert und hätte gerne mit ihr weitergemacht.
Verließ ihren Mann Sebastian (Felix Klare) für einen anderen:
Julia Bootz (Maja Schöne) schenkt ihrem Gatten reinen Wein ein.
Bild: SWR/Stephanie Schweigert
|
WwdT: In Der Mann, der lügt gibt es den nächsten Abschied – es ist der letzte Tatort mit Mimi Fiedler. Wie hast du die Nachricht aufgenommen, dass sie aussteigt?
Klare: Ich war erstmal erschrocken, dabei kam es nicht ganz unerwartet. Sie hatte schon länger überlegt, mit dem Tatort aufzuhören und ist nicht mehr so interessiert am Schauspielern, sondern möchte sich anders weiterentwickeln. Leider ist es keine echte Ausstiegsfolge geworden, sie ist im nächsten Tatort einfach nicht mehr da. Aber vielleicht kommt sie ja auch nochmal für eine Folge zurück, so wie Maja. Ich würde mir das wünschen und ich glaube, die Redaktion wäre dafür absolut offen.
WwdT: Was müsste passieren, damit du selbst beim Tatort aussteigst?
Klare: Wenn ich merke, dass ich für gar nichts anderes mehr angefragt werde, mich gar nicht mehr in andere Richtungen entwickle und nur noch den Tatort drehe, dann müsste ich in den sauren Apfel beißen und es sein lassen. Aber momentan ist das nicht so. Ich mache den Tatort gerne und weiß, dass es ein Privileg ist, zwei Filme im Jahr sicher zu haben. Für die Familienplanung ist es natürlich auch gut. In der Kunst sind solche festen Engagements alles andere als selbstverständlich, aber eine gewisse Freiheit gehört für mich dazu. Letztlich unterschreibe ich beim Tatort ja auch für Drehbücher, die ich noch gar nicht kenne. Das hat also alles seine zwei Seiten, wie so vieles im Leben.
WwdT: Wo soll es mit deiner Figur und dem Stuttgarter Tatort in den nächsten Jahren hingehen?
Gehört im Stuttgarter Tatort fest zum Inventar:
Die bedruckte Lederjacke von Sebastian Bootz (Felix Klare).
Bild: SWR/Stephanie Schweigert
|
Klare: Generell würde ich die Autoren nicht zu sehr beschneiden und ihnen Wünsche vorsetzen, dann haben die nämlich irgendwann keine Lust mehr. Ich finde aber nach wie vor spannend, an der Beziehung zwischen Lannert und Bootz zu feilen. Wir sind ja gewissermaßen ein Paar, das eine Beziehung eingeht. Bisher ist uns das gut gelungen, wenn auch ohne extreme Ausschläge. Aber Lannert und Bootz sind verschieden, sie hackeln schon mal, vertragen sich dann aber auch wieder.
WwdT: Zum Abschluss noch eine Frage, die eine unserer Leserinnen eingereicht hat: Was hat es mit der braunen Lederjacke auf sich?
Klare: Die trage ich schon seit dem ersten Fall, dabei sollte ich ursprünglich eine Art Nerd spielen, der nur mit Schlips und Anzug rumrennt. Eigentlich spiele ich so jemanden gerne, aber wenn ich weiß, dass ich diese Figur über einen langen Zeitraum spielen soll, dann habe ich wahrscheinlich nach zwei Jahren keinen Bock mehr. Deshalb habe ich mir mit der Kostümbildnerin lieber was gesucht, was nicht so clean ist – und da haben wir dann die Jacke gefunden. Witzigerweise haben wir erst gar nicht bemerkt, dass da hinten ein Drache drauf ist – wir dachten, das wäre ein Wasserfleck! (lacht) Wir haben dann überlegt, ihn wegzumachen – aber eigentlich passt so ein prolliger Aufdruck ja zu Bootz. Dann mochte ich die Jacke irgendwann ganz gerne, weil sie mein Kostüm ein Stück weit gebrochen hat. Irgendwann kamen statt der Anzughosen Jeans dazu.
WwdT: Und nun ist die Jacke dein Markenzeichen?
Klare: Sie ist natürlich ein Wiedererkennungsmerkmal, so wie der braune Porsche bei Lannert. Daher besteht die Redaktion auf der Jacke. Ich verstehe das auch, aber ich könnte mir auch gut vorstellen, mal ein oder zwei Tatort-Folgen was anderes anzuziehen.
WwdT: Vielen Dank für das Interview!