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Todesbrücke

Folge: 591 | 13. März 2005 | Sender: rbb | Regie: Christine Hartmann

Bild: rbb/A. Plehn

So war der Tatort:

Kinderfixiert. 

Schon der Arbeitstitel der 591. Tatort-Folge lautete Kinderspiele, und das kommt nicht von ungefähr: Die lieben Kleinen kommen hier gleich im Rudel vor. Gleich zu Beginn werfen drei Halbstarke Wasserballons von einer Autobahnbrücke – und einer davon trifft ausgerechnet das Auto der Berliner Hauptkommissare Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinovic), der vor Schreck fast einen Unfall baut. 
Kurze Zeit später stirbt der Insolvenz-Verwalter Thomas Franke (Patrick Braun, Unter Uns) an exakt derselben Stelle, der titelgebenden Todesbrücke, nachdem ein Ziegelstein seine Windschutzscheibe getroffen hat und er von der Straße abgekommen ist. Seine schwangere Frau Eva (Isabella Parkinson, Blutdiamanten) verdächtigt ihren Nachbarn Klaus Reling (Herbert Trattnigg, Borowski und der freie Fall): Der hatte das Ehepaar Franke mit zahlreichen Klagen aus den kleinlichsten Gründen terrorisiert. Auch Ritter und Stark gehen die „Ich verklage Sie!“– und „Ich kenne meine Rechte“-Sprüche bei der Befragung schnell auf die Nerven. 
Dann gibt es ein zweites Opfer: Frankes Chefin Sybille Bohrmann (Christine Reinhart) wird auf dieselbe Art und Weise getötet wie ihr Kollege. Ihr Exmann Manfred (Florian Martens, Mordfieber) nimmt daraufhin die gemeinsamen Kinder Lucas (Richard Becker, Stirb und werde) und Anna (Nicole Mercedes Müller, Mia san jetz da wo’s weh tut) in seine Obhut – eine Situation, die Kommissar Stark gut nachvollziehen kann: Seine Exfrau Louisa möchte mit dem gemeinsamen Sohn Sebastian (Martin Aaron Müseler) und ihrem neuen Freund Urlaub in Australien machen. 
Stark befürchtet, dass sie diese sechs Wochen nutzen wird, um die Gunst des Jungen zu gewinnen – und um dem entgegenzuwirken, lässt er keine Gelegenheit aus, seine Qualitäten als Vater und Hausmann unter Beweis zu stellen.



STARK:
Ich möchte meinen Sohn abholen, den ich seit 14 Stunden nicht gesehen habe, und mich um ihn kümmern, damit er nicht irgendwann auf einer Brücke steht und Unfug macht. Sollten Sie was dagegen haben, dann sagen Sie es ruhig, aber ändern wird es nichts. Muss das hier gewaschen werden?

RITTER: 

Ich wollte nachher noch zum Waschsalon, ja.



STARK:

Ist morgen fertig.


Dieser private Nebenkriegsschauplatz passt zwar gut zum Fall, ist auf Dauer aber recht ermüdend: Immer wieder betont Stark, dass er Sebastian abholen müsse, er nicht genug Zeit für ihn habe und es unfair sei, dass seiner Ex-Frau der Alltag mit dem Jungen erspart bliebe. Das mag schmerzlich realistisch sein, bremst die Krimihandlung jedoch aus. 

Ohnehin ist der 12. gemeinsame Fall des Berliner Teams einer der langweiligeren Sorte: Selbst bei der obligatorischen Verfolgungsjagd am Ende will keine Spannung aufkommen, weil der Ausgang zu offensichtlich ist. 
Der enttäuschende Showdown ist zugleich ein Paradebeispiel für den größten Schwachpunkt im Drehbuch von Frauke Hunfeld (Tödliche Häppchen): Die komplette Handlung – Täter und Tatmotiv eingeschlossen – ist zu vorhersehbar. Man wartet stets auf eine interessante Wendung, die aber nie eintritt. 
Hinzu kommt die Tatsache, dass die meisten Zuschauer den Kommissaren meilenweit voraus sein dürften, was die Spannung schmälert: Nach der etwas bemüht wirkenden Sequenz, in der Ritter mit Kriminalrat Wiegand (Veit Stübner) und dem Assistenten Lutz Weber (Ernst-Georg Schwill) den kreativen Mordanschlag nachstellt, kommen die drei zu einer wegweisenden Erkenntnis bei der Suche nach der Auflösung – doch die Ermittler schließen daraus etwas völlig anderes und ermitteln eine ganze Weile in die falsche Richtung. 
Doch es gibt in diesem unterdurchschnittlichen Tatort von Regisseurin Christine Hartmann (Türkischer Honig) auch Lichtblicke: Herbert Trattnigg spielt den streitbaren Nachbarn Klaus Reling herrlich unsympathisch und arrogant, und auch die jungen Darsteller überzeugen mit einer Mischung aus naiven, witzigen Kommentaren und kindlicher Spielfreude.
Die Besetzung der achtjährigen Anna Bohrmann ist beim Blick auf die spätere Tatort-Geschichte besonders interessant: Nebendarstellerin Nicole Mercedes Müller ist acht Jahre später in Nick-Tschiller-Debüt Willkommen in Hamburg und 2015 im Münchner Krimidrama Mia san jetz da wo’s weh tut als Hauptdarstellerin wieder in der Krimireihe mit von der Partie. 
Während im Tatort ansonsten oft bemängelt wird, dass Privatgeschichten der Kommissare zu ausführlich illustriert werden, wäre das in Todesbrücke an mancher Stelle sinnvoll gewesen, denn Starks Suche nach einer Babysitterin muss zum Beispiel als humoristische Auflockerung herhalten: Auf die mäßig amüsante Kandidatin Mandy (Doreen Dietel, Tödliche Freundschaft), die deutlich mehr Interesse an Ritter als an ihrem zukünftigen Job zeigt, folgt die zweite Anwärterin Sandy – wie originell. 
Ritters private Momente hingegen beschränken sich auf Schwärmereien für leckere Bagel, Feierabendbierchen mit Verdächtigen und die Versuche, seinem Kollegen die Telefonnummer von Mandy zu entlocken – ein Handlungsschlenker, der genauso vorhersehbar ist wie der Rest dieses lauen Krimis.

Bewertung: 4/10

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