Folge: 787 | 9. Januar 2011 | Sender: WDR | Regie: Herwig Fischer
Bild: WDR/Uwe Stratmann |
So war der Tatort:
Busy.
Denn wer sein deutsches und englisches Businessvokabular ein wenig aufpolieren möchte, ist bei Unter Druck genau an der richtigen Adresse: Der 49. gemeinsame Einsatz der Kölner Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) spielt im schmucken Verlagsgebäude des Kölner Abendblatts, das sich für eine anstehende Fusion ein vierköpfiges Unternehmensberaterteam ins Haus geholt hat, das den Verlag auf Herz und Nieren prüfen soll und dabei buchstäblich über Leichen geht.
Neben den Mitarbeitern, deren Stellen im Zuge der Fusion gestrichen werden müssen, bleibt auch Berater Carsten Moll auf der Strecke: Seine Leiche wird morgens nach einem spektakulären Sturz über eine Brüstung in der Lobby des Verlagsgebäudes entdeckt – das Handy noch in der Hand. Ein zwar etwas bedeutungsschwangeres, aber doch sehr treffendes Bild als Einstieg in einen Tatort, der auch im weiteren Verlauf die Work-Life-Balance zum Thema macht.
Die energische Teamleiterin und Karrierefrau Rita Landmann (Claudia Michelsen, Nachtgeflüster) legt ihr mobiles Endgerät nur im Ausnahmefall aus der Hand und gibt fast im Minutentakt Kostproben ihres verhandlungssicheren Business English, der ehrgeizige Geschäftsführer Lars Fraude (Johann von Bülow, Der schöne Schein) verbringt den Feierabend mit Geschäftsessen und die Controller Alex (Adrian Zwicker) und Valentin (Maximilian von Pufendorf, 3 x schwarzer Kater) finden kaum Zeit für geregelte Mahlzeiten.
Doch der Kölner Tatort wäre nicht der Kölner Tatort, wenn nicht auch Franziska Lüttgenjohann (Tessa Mittelstaedt) für die thematisierte Gesellschaftsproblematik herhalten müsste: Nacht um Nacht schlägt sich die langjährige Assistentin im Polizeipräsidium um die Ohren, bis auch wirklich der letzte Zuschauer begriffen hat, dass ein Leben für die Arbeit – sei es nun bei der Kölner Kripo, im Abendblatt-Verlag oder in einer Unternehmensberatung – auf Dauer nicht glücklich machen kann.
An den mahnenden Zeigefinger, den vor allem Ballauf im Gespräch mit Landmann gen Himmel streckt, hat man sich in der Domstadt längst gewöhnt, im Vergleich zu anderen Folgen fällt die Sozialkritik in Unter Druck aber auch durchaus erträglich aus.
Die gute Besetzung, aus der kaum ein Darsteller negativ heraussticht, ist ein weiterer Pluspunkt: Neben Claudia Michelsen und Johann von Bülow überzeugt auch Hansjürgen Hürrig (Mauerpark) als gnadenlos ökonomisch denkender Verlagsleiter, dem fünfzehn leidenschaftliche Dienstjahre eines Angestellten keinen Pfifferling wert sind, wenn es um nackte Zahlen geht.
Dass Drehbuchautorin Dagmar Gabler (Schlafende Hunde) noch eine halbgare Beziehungskiste mit in den Plot quetscht, erschließt sich hingegen nicht: Die selbstmitleidigen Auftritte der quoten- und stressgeplagten Anzeigenverkäuferin Elli Klein (Christin Heim) hätte es wahrlich nicht mehr gebraucht. Gleiches gilt für Freddy Schenks nervtötende Telefonate mit seiner Enkelin, die den bekennenden BVB-Fan sogar noch beim Feierabendkölsch an der Wurstbraterei selig lächelnd zum Hörer greifen lassen.
Der 787. Tatort überzeugt daher als typischer Vertreter aus der Domstadt nur bedingt, lädt dank seiner klassischen Whodunit-Konstruktion und einem halben Dutzend Verdächtiger aber zumindest passabel zum Miträtseln ein.
Schreibe einen Kommentar