Folge: 840 | 26. August 2012 | Sender: SWR/SRF | Regie: Sabine Boss
Bild: SWR/SRF/Daniel Winkler
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So war der Tatort:
Idyllisch.
Große Teile des dritten Einsatzes von Hauptkommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser) und seiner neuen Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer), die zum zweiten Mal an der Seite des einsamen Hobbyseglers ermitteln darf, spielen nämlich vor traumhaften Postkartenkulissen – Schweizer Seelandschaften und malerischen Kamerafahrten über bewaldete Berghänge sei Dank.
Dass der Luzerner Ermittler im 840. Tatort auch bei strahlendem Sonnenschein und 28 Grad Außentemperatur konsequent auf seine schwarze Übergangsjacke als Berufskleidung setzt, ist dabei eigentlich nur mit seinem unterkühlten Naturell zu erklären.
Emotional wird es in Hanglage mit Aussicht nämlich nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel dann, wenn man die tatverdächtige Claudia Arnold (Sarah Sophia Meyer) auf ihr intimes Verhältnis zum Mordopfer anspricht oder wenn sich Flückiger mal wieder mit dem kompletten Kollegenkreis samt Kripo-Chef Ernst Schmidinger (Andrea Zogg), Regierungsrat Eugen Mattmann (Jean-Pierre Cornu) und seiner Partnerin Ritschard anlegt und im Scheuklappenmodus zum Anwalt der sozial Schwächeren aufschwingt.
RITSCHARD:Brauchst du eigentlich Feinde, weil du keine Freunde hast?
Ritschards treffende Beobachtung bringt das Dilemma des Luzerner Tatorts, den die ARD erneut in einer nervtötenden und stellenweise nicht einmal lippensynchronen Synchronfassung ausstrahlt, auf den Punkt: Seine Figuren funktionieren auch beim dritten Anlauf nicht, weil das Drehbuch, diesmal aus der Feder von Tatort-Frischling Felix Benesch, ihnen keinerlei Privatleben einräumt und sie ausschließlich über ihr Ermittlungsverhalten definiert.
Über Flückiger erfährt der Zuschauer überhaupt nichts Neues und Ritschard bleibt als Kommissarin auch bei ihrem zweiten Einsatz völlig austauschbar. Höhenangst hat sie offenbar, die Frau an Flückigers Seite, aber hat die nicht gefühlt jeder Dritte?
Die gemeinsame Seilbahnfahrt zur Analyse des Tathergangs ist fast noch das Spannendste an Hanglage mit Aussicht, in dem sich überforderte Nebendarsteller und Tatverdächtige die Klinke in die Hand geben, der Mörder früh offensichtlich ist und jegliches Aufkommen von Spannung im Keim erstickt wird. Selbst als der personifizierte Schweizer Hinterwäldler Rolf Arnold (Peter Freiburghaus, Kameraden), der penetrant mit einer riesigen Mistgabel durch die Gegend wedelt, Ritschard mit einer geladenen Waffe bedroht, zuckt der Kommissar nicht einmal mit der Wimper.
So bleibt der diesmal von Regie-Debütantin Sabine Boss inszenierte Luzerner Tatort nach dem indiskutablen Wunschdenken und dem müden Skalpell weiterhin das Sorgenkind der Krimireihe und verdient sich nur aufgrund seiner tollen Landschaftsaufnahmen den sehr schmeichelhaften zweiten Punkt auf der Bewertungsskala.
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