Folge: 896 | 19. Januar 2014 | Sender: SWR | Regie: Jürgen Bretzinger
Bild: SWR/Stephanie Schweigert |
So war der Tatort:
Kostspielig.
Zumindest für Hauptkommissar Kai Perlmann (Sebastian Bezzel): Der schleust sich in Todesspiel undercover in eine Clique der Schönen, Reichen und Leichen ein – und bleibt nach einem feuchtfröhlichen Champagnerabend prompt auf seiner vierstelligen Spesenrechnung sitzen.
Immerhin: Neben dem Spott seiner Kollegin Klara Blum (Eva Mattes) und seiner Assistentin Annika „Beckchen“ Beck (Justine Hauer) bringt Perlmann die Begegnung mit der ahnungslosen Boutiquenbesitzerin Nadine (Alexandra Finder, Schweinegeld), die ihn in die dekadente Clique um Mordopfer und Enfant Terrible Benjamin Wolters (Michael Pink, Der illegale Tod) einschleust, zumindest ein paar Komplimente ein.
Der Tatort aus Konstanz macht also genau da weiter, wo er im Juni 2013 aufgehört hat: Bereits in Letzte Tage durfte der blonde Kommissar beim weiblichen Geschlecht auf Tuchfühlung gehen – das Ergebnis war eine spannungsfreie, dramaturgisch vollkommen verkorkste Krimischmonzette, bei der man am Ende fast froh sein konnte, dass Perlmann und die leukämiekranke Studentin Mia (Natalia Christina Rudziewicz, Abgezockt) wieder getrennte Wege gingen.
Ganz so seicht und langatmig geht es diesmal zwar nicht zur Sache – doch vor allem im Vergleich zum hochspannenden Kölner Vorgänger Franziska, der zwei Wochen vor der Todesspiel-Ausstrahlung ein Millionenpublikum um den Schlaf brachte, zeigt sich einmal mehr, dass der Tatort vom Bodensee im Jahr 2014 zu den gemächlichsten der Krimireihe zählt und der SWR offenbar nicht gewillt ist, ihn von diesem Image zu emanzipieren. Im Gegenteil: Allen russischen Roulette-Einlagen zum Trotz wäre der Krimititel Trauerspiel für den 896. Tatort der deutlich treffendere.
Regisseur Jürgen Bretzinger (Schmuggler) und Drehbuchautor Leo P. Ard (Das erste Opfer) bieten die perfekte Einschlafhilfe für den Sonntagabend: Die Inszenierung ist einfallslos und bieder, die Dialoge sind harmlos bis grauenhaft und knisternde Spannungsmomente schlichtweg nicht vorhanden. Erst in den Schlussminuten (vorausgesetzt, der Zuschauer ist bis dahin wach geblieben) kommt das zähe Todesspiel ein wenig
auf Touren, doch für einen guten Krimi ist es da längst zu spät.
Hinzu kommt eine Vorhersehbarkeit, die exemplarisch für so manches Drehbuch der Reihe steht: Wenn eine verdächtige Person gebürtig vom Balkan stammt – man denke zurück an den mäßigen letzten Wiesbadener Tatort Schwindelfrei – dann blickt sie im Tatort immer auf eine bewegte Vergangenheit zurück und hat garantiert Dreck am Stecken. Warum sollte die Abstammung von Alisa (Anna Bederke, Der Weg ins Paradies), die das Mordopfer beim Sexspiel zurückwies, wohl sonst eine Rolle spielen?
So bleibt außer eines charismatischen Auftritts des ehemaligen Frankfurter Staatsanwalts Thomas Balou Martin (Das Böse) und ein paar launigen Perlmann-Kommentaren am Ende wenig Positives in Erinnerung – schon gar nicht das bemühte Dauergefoppe auf dem Präsidium, bei dem man den sympathischen Ermittler am liebsten persönlich von seinen nervtötenden Kolleginnen erlösen und in ein anderes Revier versetzen würde.
Und dann ist da noch der bedauernswerte Sänger und naive Casting-Show-Zweite Daniel (Daniel Roesner, Der Polizistinnenmörder), der seinen heimlichen Fan „Beckchen“ natürlich schon bei der ersten Begegnung zum Schmachten bringt: Müder als die Weisheiten des naiven Teenieschwarms, der von der Requisite fast über die komplette Spielzeit zum Tragen eines
schwarzen Klischeehuts genötigt wird, können Seitenhiebe auf das Showbiz kaum ausfallen.
DANIEL:Der Traum, dass ich ein großer Star werde, war nach einem Jahr wieder ausgeträumt.
Sag bloß.
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