Folge: 907 | 13. April 2014 | Sender: WDR | Regie: Lars Kraume
Bild: WDR/Martin Menke |
So war der Tatort:
Heldenhaft.
Bei ihrem 25. gemeinsamen Einsatz im Jubiläumstatort Der Hammer machen Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) nämlich Jagd auf einen maskierten Superhelden (Milan Peschel, Weil sie böse sind) – oder besser gesagt auf einen Maskierten, der sich für einen Held, pardon: hält.
Sein Name: der Hammer, seine Waffe: ein Hammer, die Geschichte: naja. Kein Hammer. Aber auch nicht das peinliche Klamaukfeuerwerk, das man angesichts der schrägen Ausgangslage und peinlicher Katastrophenfolgen wie Das Wunder von Wolbeck befürchten musste.
Regisseur und Drehbuchautor Lars Kraume (Borowski und der brennende Mann), der in den vergangenen Jahren starke Frankfurter Tatort-Folgen wie Der Tote im Nachtzug arrangierte, überzeichnet seine Charaktere – neben den Ermittlern vor allem die mit schmuckem Genitalschutz und Brustpanzer reichlich lächerlich wirkende Killerkarikatur („Seh ich aus wie ein Idiot in Strumpfhosen?“) – bis ins Mark und nimmt seine mit stimmungsvoller Musik unterlegte Krimisatire zu keinem Zeitpunkt ernst.
Doch verkommt Der Hammer selten zur billigen Klamotte – höchstens dann, wenn „Vaddern“ Thiel (Claus Dieter Clausnitzer) mit seiner neuen Flamme Mascha (Anna Böttcher, Im Namen des Vaters)
einen Joint durchzieht und den Glimmstengel herunterschluckt, als sein Sohn in die traute Zweisamkeit platzt. Das wirkt plump und aufgesetzt. Da hat man den umtriebigen Alt-Hippie – zum Beispiel bei der legendären Saunaszene mit Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) in Das zweite Gesicht – schon viel natürlicher und witziger erlebt.
Es passt ins Bild, dass „Vaddern“ sich in der Bürgerbewegung gegen den Bau des neuen Großbordells Waikiki-Oase engagiert: „So eine Geschichte würde in Berlin nicht funktionieren“, gab Hauptdarsteller Axel Prahl im Vorfeld der Erstausstrahlung zu Protokoll, und hat damit Recht: Dieser Handlungsstrang wirkt reichlich provinziell und steht exemplarisch dafür, dass sich die Tatort-Macher im Jahr 2014 offenbar nicht ganz entscheiden können, wo es mit dem Krimi aus Münster hingehen soll. War die Studentenstadt
im enttäuschenden Die chinesische Prinzessin noch Schauplatz
einer internationalen Hetzjagd samt chinesischem Geheimdienst,
präsentiert sich Münster nun wieder als verschlafenes Örtchen, in dem schon
ein Massenpuff die heile westfälische Welt aus den Fugen heben könnte.
Auch vom zuletzt deutlich ernsteren Tonfall ist in Der
Hammer nichts mehr zu spüren: Thiel und Boerne, die sich schon bei
ihrer ersten Begegnung humorvoll in die Haare kriegen, necken und
provozieren sich, wo es nur geht. Das aufgetragene Dinnerjackett des
Großvaters, Boernes Hammerkauf im Baumarkt oder die
gemeinsame Fahrt im protzigen Wiesmann – der 25. Tatort des ungleichen Ermittlerduos
strotzt nur so vor Dialogwitz und bissigen Pointen, von denen aber bei
weitem nicht alle zünden.
Während Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) und Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) blass bleiben, macht Frank Zander bei seinem sympathischen
Kurzauftritt als arroganter Lude Bruno Vogler („Ist das ein Sackschutz?“) eine überraschend gute Figur:
Der blonde Ex-Schlagerstar ist unter dem Strich fast
länger auf einem gruseligen Leichenfoto und einem napoleonähnlichen
Gemälde zu sehen als bei seiner Parkhausszene.
Die
beiden Vogler-Bilder rahmen zugleich die witzigste Sequenz des Films:
Thiel und Boerne treffen beim Überbringen der Todesnachricht auf Voglers
junge Geliebte Eileen (Xenia Seeberg), die sich als wahre Heulboje
entpuppt und ihrem Verflossenen im Wasserbett deutlich mehr nachtrauert als dessen
herrlich verbitterte Ehefrau Vicky (Gesche Tebbenhoff, Norbert).
VICKY VOGLER:Das Einzige, was der
je gelesen hat, waren seine Kontoauszüge.
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