Folge: 908 | 21. April 2014 | Sender: SRF | Regie: Michael Schaerer
Bild: ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler |
So war der Tatort:
Übernatürlich.
Man könnte fast meinen, die Drehbuchautorinnen Eveline Stähelin und Josy Meier, die beide zum ersten Mal für den Schweizer Tatort am Ruder sitzen, hätten zu viele Mysteryfilme im Stile von M. Night Shyamalans The Sixth Sense oder Peter Jacksons In meinem Himmel gesehen: Die Luzerner Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) nehmen bei ihrem fünften Einsatz Kontakt zu Toten auf. Besser gesagt: Sie lassen aufnehmen.
Und zwar über den spirituellen Heiler Pablo Guggisberg (Grégoire Gros), der bereitwillig seine Hilfe anbietet, als er hört, dass seine ehemalige Schülerin – die alleinerziehende dreifache Mutter Donna Müller (Elena Bernasconi) – tot in einem Gleisbett gefunden wurde.
Am ehesten würde eine solch abgedrehte Geschichte wohl noch bei den Tatort-Kollegen in Münster oder Weimar funktionieren, wo bekanntermaßen der Humor und weniger der ernsthafte Anspruch im Vordergrund steht. In Zwischen zwei Welten, bei dem auch Regisseur Michael Schaerer zum ersten Mal Tatort-Luft schnuppert, geht das Mystery-Experiment allerdings in die Hose: Der Schweizer Krimi gerät im Schlussdrittel zur unfreiwilligen Lachnummer, weil die Kommissare ihre anfängliche Skepsis endgültig ablegen und mit bierernster Miene auf die Guggisbergschen Eingebungen vertrauen, als sie mit ihrem Latein am Ende sind.
Prompt gelangen sie durch dessen übernatürliche Kräfte auf die Spur des Täters – das ist so hanebüchen, dass man nicht so recht weiß, ob man über diesen Schweizer Tatort lachen oder einfach nur Mitleid mit allen Beteiligten haben soll.
GUGGISBERG:Mit vier habe ich gemerkt, dass es Leute gibt, die meine Mutter nicht sieht.
Dem Krimi der Eidgenossen fehlt es weiterhin an Herz und Dynamik, und alles in diesem Film wirkt irgendwie lethargisch: Die wiederkehrenden Streitereien bei den Ermittlungen wirken bemüht und aufgesetzt, die obligatorische Standpauke vom Vorgesetzten Eugen Mattmann (Jean-Pierre Cornu) wird halherzig eingeflochten und zwischen Flückiger und Ritschard will das Eis auch diesmal nicht brechen – selbst dann nicht, als sie sich endlich mal auf ein „Bierli“ treffen und am nächsten Morgen gemeinsam in Flückigers Hausboot aufwachen.
Selbst als Ritschard mit heimlich geschossenen Fotos ihrer lesbischen Neigung (die in Schmutziger Donnerstag erstmalig
thematisiert wurde) erpresst wird, kommt kaum Schwung ins Geschehen. Ein
paar deutliche Worte zum Erpresser, und schon ist die Sache wieder aus
der Welt – und ohnehin darf hier die Frage gestellt werden,
was im Jahr 2014 an einem Kuss zweier Frauen eigentlich skandalträchtig sein
soll.
An die holprige Synchronisation der schwyzerdütschen Originalfassung hat man sich zwar mittlerweile gewöhnt, die spröden Dialoge macht das aber kaum besser: „Die Frau hat drei Kinder“, sinniert Flückiger betroffen, so dass
Ritschard „Die können einem über den Kopf wachsen“ erwidern und damit
aussprechen darf, was sich der Zuschauer längst selbst gedacht hat. Ein zähes Verhör jagt das nächste, Überraschungen bleiben aus und Spannung kommt ebenso wenig auf wie Atmosphäre.
Wenn in Zwischen zwei Welten überhaupt etwas überzeugt, dann sind es die starken Jungdarsteller: Pablo Caprez glänzt als rebellischer Ravi ebenso wie Annina Walt als aufgelöste Emma, die auf der Zielgeraden dem Rest der Besetzung die Schau stiehlt. Retten tut das unter dem Strich wenig: Der Schweizer Tatort knüpft nach der zuletzt leicht positiven Tendenz wieder an schwache Vorgängerfolgen wie Skalpell oder Hanglage mit Aussicht an und hechelt dem Rest der Krimireihe (Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel) qualitativ weit hinterher.
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