Folge: 1044 | 21. Januar 2018 | Sender: WDR | Regie: Kaspar Heidelbach
Bild: WDR/Martin Valentin Menke |
So war der Tatort:
Von keinem Geringeren vertont als von Klaus Doldinger, dem Komponisten der Tatort-Titelmusik – doch ähnlich wie der Rest des Krimis fällt auch sein Soundtrack enttäuschend und erschreckend belanglos aus.
Nach seinem Cameo-Auftritt im Vorvorvorgänger Wacht am Rhein sorgt der Altmeister in Bausünden diesmal persönlich für die Musik und vergreift sich dabei häufig im Ton: Oft wird das Geschehen durch Doldingers Klänge eher konterkariert, als dass diese für Spannung und Atmosphäre sorgen würden. Von monotonen Streicher- und Piano-Stakkatos, wie wir sie aus seichten Vorabendformaten kennen, über aufdringliche Thriller-Anleihen bis hin zu dünner Fahrstuhlmusik, die einem Softporno kaum schlechter zu Gesicht gestanden hätte, ist in diesem seltsam beliebigen Mix fast alles zu hören.
Das Drehbuch zu Bausünden fällt kaum überzeugender aus: Um den tödlichen Balkonsturz einer Hotelangestellten haben die Drehbuchautoren Uwe Erichsen (Schimanskis Waffe) und Wolfgang Wysocki einen Fall geschustert, bei dem kaum ein Aspekt der Geschichte die Ausarbeitung erfährt, die für angemessenen Tiefgang nötig gewesen wäre, und somit bleibt fast alles Stückwerk.
Konstruiert wirkt das Ganze auch: Als die Kölner Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) beispielsweise in einem Architekturbüro nach einem verschwundenen USB-Stick suchen, finden sie ihn ausgerechnet am verdächtigsten aller Orte – tun aber einfach so, als sei das ein mordsmäßig cleveres Versteck gewesen („Wo versteckt der Kuckuck seine Eier?“ – „Unter lauter Eiern.“). Auch Kommissar Zufall ermittelt fleißig mit – in Person von Assistent Tobias Reisser (Patrick Abozen), der unter den zwei Dutzend Sticks natürlich auf Anhieb den richtigen erwischt.
SCHENK:
Du greifst da rein und wirst sofort fündig?
REISSER:Das Genie beherrscht das Chaos.
SCHENK:
Du füllst ab sofort meine Lottoscheine aus. So viel Glück kann keiner haben.
Regisseur Kaspar Heidelbach (Erkläre Chimäre), der bei einem Cameo-Auftritt als Hundebesitzer auch vor der Kamera zu sehen ist, hat 1997 schon den ersten Tatort mit Ballauf und Schenk inszeniert, bleibt aber um Längen hinter Willkommen in Köln und weiteren tollen Folgen wie Quartett in Leipzig zurück.
Seine Inszenierung wirkt altbacken und wenig dynamisch – letztlich ist Heidelbach aber auch Gefangener des schwachen Drehbuchs, das auf der Zielgeraden fast in die unfreiwillige Komik abdriftet. Dann nämlich müssen die Kommissare beim obligatorischen Kölsch an der Wurstbraterei noch fix all das zusammenfassen, was bei der Suche nach der Auflösung bis dato ungeklärt blieb – ein erschreckend uninspiriertes Finale, das auch durch einen bemühten Doppelrollen-Twist nicht entscheidend aufgewertet wird.
Dazu geht im Vorfeld viel zu viel schief: Die unmoralischen Machenschaften des Architekturbüros von Unternehmer Könecke (Julian Weigend, Freddy tanzt) um einen Hotelbau zur Fußball-WM 2022 in Katar wirken behauptet, weil wir die FIFA-Funktionäre nur im Vorbeihuschen zu sehen bekommen und über die Ausbeutung der Bauarbeiter vor Ort nichts Substanzielles erfahren.
Das Privatleben von Daniela Mertens (Jana Pallaske, Schützlinge), die in engem Kontakt zum Opfer stand, bleibt ebenso nebulös wie der Auslöser für die posttraumatische Belastungsstörung des Afghanistan-Rückkehrers Lars Baumann (Hanno Koffler, Zirkuskind), der mit Könecke gedient hat und früher mit Mertens liiert war. Und auch die ausgefallenen sexuellen Vorlieben seiner verschwundenen Ehefrau Susanne, die zugleich Mertens‘ Schwester ist, werden allenfalls in der Auftaktsequenz des Krimis konkret.
Ballauf und Schenk, die seit jeher für solide Krimikost stehen und nach langer Zeit mal wieder einen wirklich schwachen Fall serviert bekommen, hangeln sich im 1044. Tatort zwar souverän von Befragung zu Befragung, können bei all ihrer Routine aber kaum mal eine Duftmarke setzen, die über das abgegriffene „Wo-waren-Sie-gestern-Abend?“-Prinzip hinausgeht. Auch beim Blick auf die Besetzung ergibt sich kein überzeugendes Bild: Gleich mehrere Schauspieler in wichtigen Nebenrollen agieren nicht auf gehobenem Sonntagabend-Niveau; der gewohnt engagierte Patrick Abozen zählt noch zu den Lichtblicken der auffallend schwachen Darstellerriege.
Damit ist Bausünden unterm Strich der schlechteste Kölner Tatort seit vielen Jahren – und zugleich Abozens letzter Einsatz, der nach seinem überraschenden Ausstieg im September 2017 nicht länger als Assistent dabei ist.
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