Bild: rbb/Schiwago/Hardy Spitz

Erika Mustermann

Folge 1312

2. November 2025

Sender: RBB

Regie: Torsten C. Fischer

Drehbuch: Dagmar Gabler

So war der Tatort:

Passgenau.

Denn wie schon im Vorgänger Vier Leben oder im Erstling Nicht als die Wahrheit wählt der RBB für sein Berliner Duo ein Thema aus, wie es nur an der Spree und in keiner anderen Tatort-Stadt stattfinden kann. Hauptkommissar Robert Karow (Mark Waschke) und die inzwischen fest fürs LKA tätige Professorin Susanne Bonard (Corinna Harfouch) verschlägt es bei ihrem fünften gemeinsamen Einsatz nach dem Tod eines aus Venezuela stammenden Lieferdienstfahrers an einen hochspannenden, selten von innen beleuchteten Ort: in die Bundesdruckerei. Dort wird nicht nur auffällig häufig Essen beim Lieferservice bestellt, dort werden neben Banknoten auch Personalausweise, Pässe und andere fälschungssichere Dokumente gedruckt.

Dabei scheint es anfangs noch so, als wollte der 1312. Tatort uns für eineinhalb Stunden ins Milieu der unterbezahlten und überbeschäftigten Lieferdienstfahrer entführen: Ähnlich wie der 2023 ausgestrahlte Kölner Tatort Des anderen Last, der unter Paketboten spielt, nimmt uns der Film auf eine Stippvisite in eine Berliner Filiale des (fiktiven) Fahrradlieferdienstes „Cheetah“ mit. Dort läuft alles so, wie wir es befürchten: Fahrerkoordinatorin Inke Traut (Leonie Krieg) kennt die live getrackten „Rider“ nicht einmal persönlich, sondern bezeichnet sie mit Nummern. Es geht zu wie im Taubenschlag und die Dienstpläne sehen auch nicht so aus, als bliebe den durch den Verkehr gescheuchten Fahrern Zeit für nennenswerte Pausen.

Drehbuchautorin Dagmar Gabler (Charlie) und Regisseur Torsten C. Fischer (Abstellgleis) betreiben in dieser erbarmungslosen Branche allerdings keine Tiefenbohrung. Sie haben etwas ganz Anderes mit uns vor: Nach dem Besuch in der WG des Totgefahrenen, der dort mit seinem Bruder Luis Rey (Henry Morales) und seinem Kumpel Gabriel Rosales (Alberto Wolf) – beide ebenfalls aus Venezuela und mit abgelaufenem Visum – lebte, führt der Weg in die Bundesdruckerei und zu deren Security-Mitarbeiterin Annika Haupt (toll: Annett Sawallisch). Die führte offenbar eine Liebesbeziehung mit dem Ermordeten und hat Zugang zum Hochsicherheitsbereich der hermetisch abgeriegelten Druckerei. Mächtig verdächtig.

Und so fragt man sich zwischenzeitlich, warum Karow und Bonard eigentlich so lange für ihre Erkenntnisse brauchen, wo doch alles so offensichtlich auf dem Tisch liegt: Da sind drei Venezolaner ohne Aufenthaltsgenehmigung, eine nicht ganz koschere Sicherheitsfachkraft an dem Ort, an dem Pässe hergestellt werden, und riesige Rucksäcke, die die Cheetah-Fahrer ins Gebäude rein und wieder raus tragen – an Stellen, an denen die Überwachungskameras wegen eines Baugerüsts nur eingeschränkte Sicht haben. Wer 1:1 zusammenzählen kann, ist nach zwanzig Minuten auf der richtigen Spur – da kann die falsche Fährte um den vermeintlichen Diebstahl von Banknoten noch so sorgfältig gelegt sein. Zumal schon der Krimititel Erika Mustermann spoilert, dass hier wohl kaum Geldscheine das Objekt der Begierde sind.


KAROW:
Liefert er was oder holt er da was raus? Wie viel sind 10 Kilo in Scheinen?

BONARD:
Kommt auf die Scheine an. Aber nein, das kann ich mir nicht vorstellen.

KAROW:
Was können Sie sich nicht vorstellen? Cheetahs knacken deutsches Fort Knox?

Ein paar zähere Stellen im Mittelteil dieses Schmuggelkrimis, in dem der Mord der Auslöser für den Einsatz in „Fort Knox“ ist, sind aber bald überwunden. Vor allem im packenden Schlussviertel, in dem die bedauernswerte Annika Haupt zwischen alle Fronten gerät, zieht das Tempo erheblich an und entschädigt für die vorherigen Längen. An denen ändert auch die stark überzeichnete, erstmalig fürs Berliner LKA tätige „IT-Hauptstadtkoryphäe“ Carsten Gott (Ben Hartmann) nichts: Er spielt – so viel Klischee darf sein – in einem düsteren, fensterlosen Kellerraum bei der Arbeit Ballerspiele und Carrera-Bahn, dreht die Heavy-Metal-Musik seiner Kopfhörer auf und hackt sich aller prognostizierten Erfolglosigkeit zum Trotz im Gaming-Stuhl bis auf den Server der Bundesdruckerei. Was ein Typ!

Realistisch ist das zwar nicht, aber vor allem hinten raus sehr spannend, in der Anfangsviertelstunde zudem grandios grotesk: Dass Karow und Bonard mit Denise Bonnefoy (Magdalena Wiedenhofer) zunächst der falschen Person die Nachricht vom Tod ihres Kindsvaters überbringen und der vermeintlich verstorbene Xavier Weberlein (Hannes Wegener, Herz der Dunkelheit) kurz darauf putzmunter zur Tür der gemeinsamen Wohnung reinspaziert, sorgte schon bei der Vorab-Premiere von Erika Mustermann in Berlin für Gejohle und Applaus. Der überraschenden Auflösung der Täterfrage, die erst in den Schlussminuten wieder an Relevanz gewinnt, verschafft das einen feinen Zusatzclou.

Was die Figuren angeht, setzt der fünfte und zugleich vorletzte Berliner Tatort mit Susanne Bonard – Corinna Harfouch wird 2026 nur noch ein Mal in der Hauptstadt ermitteln – allerdings kaum neue Akzente: Karows einst so wildes Privatleben spielt diesmal keine Rolle, Assistent Malik Aslan (Tan Caglar) verrichtet nur Innendienst und auch Bonards Ehemann Kaya, den wir in Nichts als die Wahrheit (1) zumindest ein bisschen kennenlernten, kommt in diesem Krimi nur indirekt am Telefon vor. Ein bisschen mehr Profil darf es gern auch nach Feierabend sein – dann bleibt man dem Publikum oft auch nachhaltiger in Erinnerung.

Bewertung: 7/10


Kommentare

Neue Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht, sondern in der Regel binnen kurzer Zeit durch die Redaktion freigeschaltet.

4 Antworten zu „Erika Mustermann“

  1. Man versprach mehr, was aber nicht diesen Versprechen entsprach. Waren enttäuscht. Spannung gleich 0.

  2. Avatar von Frau Angelika Jensen
    Frau Angelika Jensen

    Das war ein sehr guter Tatort 😀

  3. Avatar von Angelika J.
    Angelika J.

    Das war ein richtig guter Tatort ☺️

  4. Avatar von Dietrich

    …langweilig…keine Spannung 🙂

Schreibe einen Kommentar zu Dietrich Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert